«Der republikanische ‹Freedom Caucus› hat es geschafft, eine Niederlage aus dem Maul des Sieges zu reissen.» Mit diesem Tweet greift US-Präsident Donald Trump (70) die erzkonservative Gruppe an, die seine Gesundheitsreform verhindert hat. Er meint: Ihr habt euch selbst um den Triumph gebracht.
Zu eloquent, zu wenig aggressiv
Trumps Seitenhieb entfacht auf Twitter eine alte Diskussion um die Autorenschaft seiner Ergüsse.
«Trump hat diesen Tweet nicht geschrieben», schreibt die Journalistin Maggie Haberman auf dem Kurznachrichtendienst und erhält Hunderte von Reaktionen. Die meisten stimmen ihr zu. Der Tweet sei zu eloquent, zu wenig aggressiv, bediene sich einer Metapher und enthalte keine Rechtschreibfehler. Dafür fehlten typische Trump-Stilmittel wie Grossschreibung («FAKE NEWS»), negative Adjektive («Sad!», «Very bad!», «Terrible!»), Teilsätze und persönliche Angriffe.
Die Frage ist: Wer schreibt die Tweets, die nicht von Trump selbst stammen? Der offizielle Präsidenten-Account @POTUS wird von Trumps Social-Media-Chef Dan Scavino betreut, doch dort passiert nie etwas Spannendes. Alle Aufsehen erregenden Tweets kommen von Trumps privatem Account.
Die Twitter-User vermuten jemanden aus Trumps engem Umfeld als Urheber der Tweets. Immer wieder wird Trumps rechtsgerichteter Chef-Berater Steve Bannon genannt. Auch der Name von Stephen Miller fällt mehrmals. Er schreibt mit Bannon Trumps Reden. Oder ist es etwa Wahlkampfstrategin Kellyanne Conway? Gewissheit gibt es keine.
Altes Smartphone
Der US-Präsident löste mit verrückten Tweets, vor allem frühmorgens, immer wieder Schweissausbrüche bei den Mitgliedern seiner Belegschaft aus – am liebsten würden sie ihm einen Maulkorb verpassen. Zum letzten Mal brachte sich Trump in Schwierigkeiten, als er schrieb, sein Vorgänger Barack Obama hätte ihn während des Wahlkampfs abgehört (BLICK berichtete). Eine Behauptung, für die es keine Belege oder Indizien gibt.
Das war vor etwas mehr als zwei Wochen. Seither blieben Skandal-Aussagen aus, der Account bleibt ungewöhnlich zahm. Die Aussagen repräsentieren zwar die Trump-Linie – doch den meisten fehlt der charakteristische Stil. Hält sich der Präsident tatsächlich auf Twitter etwas zurück?
Eine umfangreiche Analyse der «Washington Post» vom letzten August zeigte, dass die Trump-typischen Tweets von seinem privaten Android-Smartphone stammten, die anderen (wohl von Helfern verfasst) von einem iPhone. Die Android-Tweets waren emotionaler, enthielten keine Bilder oder Links und wurden oft zu Randzeiten (spät in der Nacht oder früh am Morgen) verfasst.
Fast alle der jüngsten Tweets stammen aber von einem iPhone. Das könnte heissen, dass Trump den Twitter-Account vermehrt seinen Helfern überlässt. Oder aber, dass er auf ein iPhone umgestiegen ist, wie der «Guardian» spekuliert.
Lange hatte es Sicherheitsbedenken gegeben, weil Trump darauf beharrt hatte, sein altes Samsung Galaxy 3 aus dem Jahr 2012 zu benutzen. Das Smartphone ist so alt, dass man nicht einmal das neue Betriebssystem darauf installieren kann – was es zu einem erheblich einfacheren Ziel für Hacker-Angriffe macht. (rey)