Verbindungen zu Geheimdienst
Mysteriöser Tod eines russischen Diplomaten (†35) in Berlin

Mitte Oktober kam in Berlin ein russischer Diplomat (†35) unter ungeklärten Umständen ums Leben. Wachleute fanden ihn tot auf dem Trottoir auf der Rückseite der Botschaft. Der Verstorbene soll Beziehungen zum russischen Geheimdienst gehabt haben. War es Mord?
Publiziert: 05.11.2021 um 22:37 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2021 um 22:42 Uhr
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Kirill Zharo (†35) wurde am 19. Oktober in Berlin hinter der russischen Botschaft leblos aufgefunden. Ob er durch einen Sturz ums Leben kam, bleibt ungeklärt: Die russischen Behörden verhinderten eine Obduktion.
Foto: The Insider

Unter ungeklärten Umständen ist am 19. Oktober in Berlin der russischer Diplomat Kirill Zhalo (†35) in Berlin ums Leben gekommen. Wachleute der Berliner Polizei sollen die Leiche des Mannes morgens auf dem Gehweg auf der Rückseite des Botschaftskomplexes gefunden haben. Nach Informationen des «Spiegels» soll der Mann Verbindungen zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB gehabt haben. Die Nachricht über seinen Tod löste Spekulationen über einen möglichen Mord aus.

Die russische Botschaft in Berlin sprach dagegen von einem «tragischen Unfall». «Spekulationen, die im Lichte dieses tragischen Ereignisses in einer Reihe westlicher Medien aufgetaucht sind, halten wir für absolut falsch», hiess es in einer Erklärung.

Das deutsche Aussenministerium erklärte, der Fall sei bekannt. Aus Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen werde man sich aber nicht weiter dazu äussern. Auch ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft wollte keine Angaben zu dem Fall machen.

Er war zweiter Botschafts-Sekretär

Der Mann fiel möglicherweise aus einem oberen Stockwerk des Botschaftskomplexes an der Behrenstrasse im Berliner Bezirk Mitte. Er war laut «Spiegel» seit Sommer 2019 als Zweiter Botschaftssekretär in Berlin akkreditiert. Den deutschen Sicherheitsbehörden sei er als getarnter Angehöriger des FSB bekannt gewesen.

Enthüllungsreporter der Plattformen The Insider (theins.ru) und Bellingcat schrieben, der Diplomat sei der Sohn eines ranghohen russischen FSB-Offiziers gewesen, der in Moskau die «Verwaltung für den Schutz der verfassungsmässigen Ordnung» leite. «Diese Abteilung befasste sich mit aussergerichtlichen Hinrichtungen von Aktivisten und Journalisten in Russland», schreibt das Portal theins.ru.

Steckt Geheimdienst-Abteilung des Vaters hinter Tiergarten-Mord?

Die Abteilung ist in Russland unter anderem für Terrorismusbekämpfung zuständig und wird von westlichen Nachrichtendiensten mit dem sogenannten Tiergartenmord in Verbindung gebracht. Bei dem Attentat wurde im Sommer 2019 in Berlin ein Exil-Georgier tschetschenischer Abstammung am helllichten Tag erschossen. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft wurde die Tat im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland stark. Das Opfer hatte im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft und galt dort nach Angaben der Anklage als Staatsfeind.

Seit gut einem Jahr versucht das Kammergericht in Berlin die Hintergründe des Tiergarten-Mordes aufzuklären. Angeklagt ist ein Russe, der kurz nach der Tat gefasst wurde und in Untersuchungshaft sitzt. Nach Deutschland soll der 56-Jährige erst kurz zuvor mit Alias-Namen eingereist sein. Der Angeklagte hat sich bislang im Prozess nicht zu den Vorwürfen geäussert.

Nawalny-Freund glaubt, Diplomat wurde aus dem Fenster geworfen

Zu dem Tod des russischen Diplomaten schrieb der russische Oppositionelle Leonid Wolkow (40), der selbst mehrfach in der Botschaft war, im Nachrichtenkanal Telegram: Die «Fenster des Gebäudes» seien nicht hoch genug für einen «Selbstmord». Er meinte, dass der Sohn des FSB-Offiziers «aus dem Fenster geworfen» worden sei. Es gehe hier um etwas «ziemlich Ernstes». Wolkow ist ein enger Vertrauter des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny (45). Wolkow und Nawalny werfen dem FSB politische Attentate vor.

Nawalny wurde im August vergangenen Jahres mit dem Nervengift Nowitschok beinahe getötet und danach in der Berliner Charité behandelt. Er macht ein Killerkommando des FSB für den Mordanschlag verantwortlich.

Wie es jetzt in dem Fall weiter geht, ist unklar. Ein sogenanntes Todesermittlungsverfahren, bei dem man die Hintergründe des Sturzes hätte klären können, konnte die Berliner Staatsanwaltschaft nicht durchführen. Die russische Botschaft lehnte einer Obduktion der Leiche ab.

Die Auslandsvertretung teilte mit, sie habe die Rückführung der Leiche nach Russland sofort eingeleitet. Dies sei mit den zuständigen deutschen Strafverfolgungs- und Gesundheitsbehörden abgestimmt worden. (SDA)

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