Putin ist Gastgeber des 27. St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforums. Bei dem jährlichen Treffen von Unternehmern aus aller Welt will sich Russland trotz der Sanktionen des Westens im Zuge des Moskauer Angriffskrieges gegen die Ukraine als ökonomisch starke Rohstoffmacht präsentieren. Am Medien-Treffen im markanten Wolkenkratzer Lachta-Zentrum des Gasriesen Gazprom beantwortete Putin Fragen von internationalen Journalisten.
Putin droht mit «asymmetrischer Antwort»
«Wir denken darüber nach, dass falls jemand es für möglich hält, Waffen in die Kampfzone zu liefern, um Angriffe auf unser Gebiet durchzuführen (...), warum wir dann nicht das Recht haben sollten, solche Waffen in Weltregionen aufzustellen, wo Angriffe auf sensible Objekte derjenigen Länder ausgeführt werden, die das in Bezug auf Russland tun?», sagte Putin. Dann fügte er hinzu: «Das heisst, dass die Antwort asymmetrisch sein kann. Wir denken darüber nach.»
Putin war zuvor von einem Journalisten nach der Lieferung weitreichender Waffen an die von Russland angegriffene Ukraine gefragt worden – unter anderem nach ATACMS-Raketen aus den USA.
Putins Warnung an Deutschland
Putin warnte vor einer möglichen Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. «Wenn nun gesagt wird, dass (in der Ukraine) auch noch irgendwelche Raketen auftauchen, die Angriffe auf Objekte auf russischem Gebiet durchführen können, dann zerstört das natürlich endgültig die russisch-deutschen Beziehungen», sagte Putin. Der Kremlchef war nach Moskaus Reaktion im Falle einer Lieferung der weitreichenden Taurus-Marschflugkörper durch Berlin an Kiew gefragt worden.
Die russisch-deutschen Beziehungen sind durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine allerdings ohnehin auf einem Tiefpunkt. Welche Bereiche im Fall von Taurus-Lieferungen aus seiner Sicht noch weiter «zerstört» würden, sagte Putin nicht.
Angst vor russischem Einmarsch auf Nato-Gebiet «ist Bullshit»
Befürchtungen westlicher Staaten vor einem russischen Einmarsch auf Nato-Gebiet zog Putin ins Lächerliche. «Sie haben sich ausgedacht, dass Russland die Nato angreifen will. Sind Sie komplett verrückt geworden? Sind Sie so dumm wie dieser Tisch? Wer hat sich das ausgedacht? Das ist Unsinn, verstehen Sie. Bullshit», sagte der russische Präsident gegenüber den Journalisten.
In anderen Staaten dürften diese Aussagen kaum für Beruhigung sorgen. Insbesondere im Baltikum ist die Angst vor einer russischen Aggression seit dem Ukraine-Krieg gewachsen. Moskau hatte seine Angriffspläne auch vor dem Einmarsch im Februar 2022 mehrfach abgestritten.
Die «politische Verfolgung» von Donald Trump
Putin kritisierte die Gerichtsverfahren gegen Ex-Präsident Donald Trump. Die Justiz in den USA werde für den politischen Kampf genutzt, behauptete der Kremlchef. Trump werde mit lange zurückliegenden Dingen konfrontiert, was auf politische Verfolgung schliessen lasse. Viele Menschen verstünden das und unterstützten ihn deshalb.
Putin steht selbst international in der Kritik, politische Gegner bei Präsidentenwahlen in Russland gezielt ausschalten zu lassen. Von der US-Präsidentschaftswahl erwartet der russische Präsident keine grundlegende Änderung – egal, wie sie ausgeht. «Für uns hat das Ergebnis keine grosse Bedeutung», sagte er.
Mehr als 6000 Ukrainer laut Putin in Gefangenschaft
Die Zahl der ukrainischen Kriegsgefangenen liege deutlich höher als die der russischen Soldaten und Offiziere in ukrainischer Gefangenschaft, behauptete Putin. Die Ukraine habe 1348 Russen in Gefangenschaft, Russland hingegen habe 6365 Gefangene des Nachbarlandes. Unabhängig liess sich das nicht überprüfen.
Putin sagte auf eine Frage, wie hoch die russischen Verluste in dem Krieg seien, dass keine Konfliktpartei konkrete Angaben dazu mache. Aber die Zahlen verhielten sich in einem ähnlichen Verhältnis wie bei den Gefangenen. Auch hier behauptete er, dass die Ukraine deutlich höhere Verluste als Russland in dem Krieg verzeichne. Die ukrainische Seite dagegen betont, dass deutlich mehr russische als eigene Soldaten fielen in dem Krieg.