Anneli ist tot! Das bestätigt die Polizei heute Nachmittag um 15 Uhr an einer Pressekonferenz. Zunächst schilderte der Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll den chronologischen Ablauf des Entführungs-Dramas.
Anneli sei am Donnerstagabend mit ihrem Hund, einem Beagle, Gassi gegangen. Auf einer Landstrasse sei sie dann überwältigt worden. «Wie genau, ist noch unklar», sagt Kroll. Bei diesem Überfall hätten die Täter keine Masken getragen.
Die Entführer riefen noch aus dem Entführungsauto heraus Annelis Vater an. Man habe seine Tochter entführt und fordere 1,2 Millionen Euro Lösegeld – im Hintergrund hörte man Schreie.
Der verzweifelte Vater suchte zunächst selbständig nach Anneli, die Mutter rief bei der Polizei an.
Eltern sollten Lösegeld per E-Banking überweisen
Insgesamt gab es drei Kontakte mit den Entführern. Sie forderten das Geld per Online-Überweisung – laut der Polizei ist das allerdings nicht möglich.
Beim letzten Anruf forderten die Beamten ein Lebenszeichen von Anneli. Doch die Entführer weigerten sich.
Die Polizei verfolgte am Freitag mehrere heisse Spuren. Sie durchsuchte einen Hof in Luga. Ohne Erfolg. Am Samstag durchsuchten sie ein Erlebnisbad in der Region. Ebenfalls ohne Erfolg.
Entführer gab sich als Osteuropäer aus
Eine erste linguistische Analyse der Telefongespräche ergab, dass es sich beim Anrufer um einen männlichen, deutschen Sprecher handelt, der versuchte, seine Stimme zu verstellen. Offenbar wollte er einen osteuropäischen Akzent nachmachen.
Dann das entscheidende Detail: «Beim Fahrrad des Mädchens konnten DNA-Spuren sichergestellt werden», sagt Kroll. Und die DNA-Datenbank spuckt eine Übereinstimmung aus.
Die DNA führt zu einem ersten Tatverdächtigen, einem 39-jährigen Deutschen. Er ist wegen Brandstiftung und einem Sexualdelikt registriert, ist allerdings nicht rechtskräftig verurteilt. Er konnte in Bayern per Handy geortet werden und wurde am Montag dort verhaftet.
Die Spuren führten auch zu einem zweiten Tatverdächtigen (61), der in seiner Wohnung in Dresden verhaftet werden konnte. Er hat gegenüber der Polizei bereits ausgesagt. Die beiden sollen sich seit Längerem gekannt haben.
Annelis Leiche lag hinter einer Mauer
Der 61-Jährige gab der Polizei Hinweise, einen Hof in Klipphausen zu durchsuchen. Dort fanden die Ermittler hinter einer Mauer die Leiche einer Frau. «Uns war es relativ schnell möglich, in der Leiche die entführte Anneli zu erkennen. Der letzte wissenschaftliche Beweis dafür bleibt noch aus», sagt Kroll.
Obwohl der 39-jährige eine Sex-Akte hat, geht die Polizei nicht von einem Sexualdelikt aus. Die Polizei geht von einem «Verdeckungsmord» aus. «Sie trugen bei der Entführung keine Masken. Offenbar hatten sie Angst, später von dem Mädchen wiedererkannt zu werden. Deshalb haben sie sich wohl zum Mord hinreissen lassen», sagt Kriminaloberrat Detlef Lenk.
Oberstaatsanwalt Erich Wenzlick (63) sagt zu «bild.de», wie die Entführer Anneli töteten: «Im Haftbefehl steht Strangulation mit einem Gurt als Todesursache.»
Wie die Ermittler erklären, liessen die Entführer Anneli nackt liegen. Beim Auffinden der Leiche durch die Polizei habe sie nur ihren Schmuck getragen. Annelis Sachen hätten die Täter verbrannt.
Polizei geht von Bereicherungsabsicht aus
Doch was wollten die Entführer eigentlich? «Wir gehen davon aus, dass es um finanzielle Forderungen ging. Aber dass die Prioritäten im Verlauf der Ausführung zurückgestellt wurden.» Doch die Bereicherungsabsicht sei zumindest zu Beginn im Vordergrund gestanden.
Die Entführer hinterliessen DNA, wollten eine immens hohe Summe per E-Banking überweisen lassen. Es entstand der Eindruck, dass die Entführer extrem amateurhaft vorgingen. Die Ermittler bestätigen dies: «Sie haben wohl nicht sehr weit vorausgedacht.»
Trotzdem: Die Ermittler hatten von Anfang an kaum eine Chance, das Mädchen zu retten. «Wir glauben nicht, dass die Tötung zu verhindern war.»
Haben sie Anneli auf Facebook ausspioniert?
Mittlerweile wurden Haftbefehle gegen beide Tatverdächtigen erlassen. Der erste Tatverdächtige (39) hat noch keine Aussage gemacht. Was der ältere Tatverdächtige ausgesagt hat, wollen die Ermittler noch nicht vollständig preisgeben. «Es handelt sich um ein Geständnis, das den Tathergang in einem milderen Licht erscheinen lässt.»
Doch wieso Anneli? Gab es eine Verbindung zwischen dem Mädchen und den Entführern? Anneli stammt aus einer sehr angesehenen Unternehmerfamilie, die man in der Gegend kannte. Die Entführer kannten Anneli vermutlich vom Gassigehen. «Möglich wäre, dass sie Anneli dann auf Facebook ausspioniert haben.» (kab/noo)