«Enorme Belastung»
Unnötige iPhone-Notrufe überfluten Skiort-Zentrale

71 Notrufe von Apple-Geräten gingen allein am vergangenen Wochenende in einer US-amerikanischen Notrufzentrale ein. Um einen Ernstfall handelte es sich aber in keinem einzigen Fall. Der Grund für den Ressourcenverschleiss: die Crash-Erkennung in den neuen iPhones.
Publiziert: 11.01.2023 um 18:05 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2023 um 10:00 Uhr
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Die unnötig ausgelösten Notrufe von iPhones stellen für Notrufzentralen eine grosse Belastung dar. Im Bild die Zentrale der Kantonspolizei Baselland.
Foto: Keystone

Eigentlich ist es eine gute Sache: Die Funktionen «Crash Detection» und «Fall Detection» auf allen neuen Apple-Geräten aktivieren automatisch den Notruf, wenn die Geräte einen ungewöhnlichen Stillstand bzw. hohe Beschleunigungswerte erkennen. Für das Gerät bedeutet das, sein Besitzer ist in einen schweren Unfall verwickelt.

Allerdings täuschen sich die Handys und Uhren häufig. Sie lösen auch auf der Achterbahn oder bei einem harmloseren Sturz auf Skis den Notruf aus. Das wirkt sich wiederum negativ auf die Notrufzentralen der Skigebiete aus, deren Ressourcen mit unnötigen Notrufen verschwendet werden.

iPhone- bzw. Apple-Watch-User haben zwar einige Sekunden Zeit den automatischen Hilferuf abzubrechen, aber viele merken wohl nicht mal, dass ihr Gerät gerade telefoniert.

Die 911-Zentrale von Summit County im US-Bundesstaat Colorado, die für die vier Skigebiete der Region verantwortlich ist, erhielt beispielsweise allein am vergangenen Wochenende 71 automatische Notrufe von iPhones und Apple-Uhren von Skifahrern, wie «The Colorado Sun» berichtet. Jedoch handelte es sich bei keinem dieser Fälle um einen Ernstfall.

«Es ist eine enorme Belastung»

«Es ist nicht unsere Art, Anrufe zu ignorieren», sagt Trina Dummer, die Interimsdirektorin der Notrufzentrale von Summit County, gegenüber der Zeitung. «Jedoch erfordern diese Anrufe eine Menge an Ressourcen, von den Disponenten über die Hilfssheriffs bis hin zu den Ski-Patrouillen.» Das Aussortieren, welche Alarme echt sind und welche nicht, stelle eine enorme Belastung dar.

Brett Loeb, Leiter der Notrufzentrale, versichert, man versuche zwar jeden Anruf zurückzurufen. Jedoch bleibe ein Rückruf oft unbeantwortet, da sich das Telefon des Skifahrers beispielsweise tief vergraben in einer Tasche befinde. Wenn der Skifahrer auf einen Rückruf nicht reagiere, kontaktiere ein Sondereinsatzleiter die Skifahrer, um den Standort des automatischen Anrufs zu überprüfen. Allerdings seien sämtliche ausgelöste iPhone-Alarme des letzten Monats Fehlalarme gewesen. «Wir leiten absolut wichtige Ressourcen von Menschen, die sie brauchen, weg zu einer Funktion auf einem Telefon», ärgert sich Dummer.

«Die Menschen müssen ihre Telefone besser verstehen»

Bereits im Herbst 2022 kontaktierte der Zentralen-Leiter Loeb die Firma Apple, um auf das Problem hinzuweisen. «Sie sagten uns zwar, dass sie sich des Problems bewusst seien und an einer Lösung arbeiten, die sie hoffentlich im ersten Quartal 2023 herausbringen können», sagt Loeb. Allerdings stosse man mit dem Anliegen nicht auf offene Ohren. Es fühle sich an, «als würden wir versuchen, ein Schlachtschiff in einer Badewanne zu wenden».

Deshalb hofft die Interimsdirektorin Dummer, dass mehr Nutzer – insbesondere Skifahrer – die Sturzerkennungsfunktion auf ihren Handys künftig besser im Griff haben. «Die Menschen müssen ihre Telefone besser verstehen und wissen, dass sie als Besitzer von Telefonen mit diesen Funktionen ein gewisses Mass an Verantwortung tragen.»

In Funklöchern können die neuen Apple-Geräte auch via Satellit um Hilfe rufen. Diese Funktion ist aber erst in Ländern wie USA oder Deutschland verfügbar – die Schweiz muss noch warten. (hei)

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