Diese Anzeige lässt aufhorchen: Auf «berlin.de» werden «Russisch-Rollenspieler/-innen für US-Army-Übungen» gesucht. Diese Statisten sollen die Zivilbevölkerung in Krisengebieten darstellen, damit ein «realitätsnahes Übungsszenario für die Soldaten und somit eine optimale Vorbereitung für deren Auslandeinsätze erreicht» werde.
Im weiteren Beschrieb heisst es: «Die Teilnehmer spielen kleine Statistenrollen wie zum Beispiel Viehzüchter, Ladenbesitzer oder auch den Bürgermeister eines Dorfes in Afghanistan.» Gesucht sind insbesondere «Mitarbeiter» mit Deutsch- und Englischkenntnissen, aber auch gute Kenntnisse in Russisch, Polnisch oder Tschechisch seien von «grossem Vorteil».
Allerdings wird im restlichen Inseratetext nicht weiter definiert, was die Aufgabe der «Russen-Rollen» ist. Aber es ist klar, dass die US-Army den Angriff auf Länder üben will, in denen Russen leben.
Diese Anwerbung von «russischen» Zivilisten stösst denn auch auf Kritik. Die Linken-Oppositionsführerin im Deutschen Bundestag, Sahra Wagenknecht, schreibt auf Twitter: «Unerträglich, dass die Nato jetzt russischsprachige Zivilisten anwerben lässt, um für Auslandeinsätze (!) zu üben.»
Linken-Vize Tobias Pflüger bezeichnet diese Übung gegen Russen als «weltpolitisch katastrophal». Auf dem russenfreundlichen Portal «sputniknews.com» kündigte er an, das Thema in den Bundestag zu bringen, weil die Stellenanzeige auch auf der Online-Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit, einer offiziellen Bundesbehörde, veröffentlicht wurde.
Die Übung soll auf dem Truppenübungsgelände Hohenfels zwischen Nürnberg und Regensburg in Bayern stattfinden, das 1937 von den Nazis eröffnet wurde. Heute nutzt es die US-Armee. Jährlich trainieren hier 60’000 Soldaten.
Auf dem 160 Quadratmeter grossen Areal sind rund zehn künstliche Dörfer mit je 10 bis 30 Häusern, aber auch mit Moscheen angelegt.
Die Komparsen verdienen laut Inserat täglich zwischen 88.40 und 120 Euro, dazu gibts Unterkunft im Massenlager, drei Mahlzeiten sowie «ausreichend Trinkwasser». Handys, Alkohol und Drogen sind verboten. Wer sich anmeldet, muss je nach Einsatz zwei bis drei Wochen durchhalten. Es ist untersagt, in dieser Zeit das Gelände zu verlassen.
Die Statisten heissen «Civilians of the Battlefield», auf Deutsch «Schlachtfeld-Zivilisten», kurz COB. Am Morgen erhalten sie ihren persönlichen Rollenbeschrieb sowie ein Gstältli mit Detektoren. Dieses löst ein Signal aus, wenn der Statist von einer Kugel getroffen und verletzt oder getötet wird. Natürlich wird nur mit Platzpatronen geschossen.
2016 geriet Hohenfels wegen eines spektakulären Unfalls in die Schlagzeilen: Beim Abwurf von Humvees lösten sich drei je 220'000 Franken teure Geländefahrzeuge aus den Fallschirmen und prallten aus über mehreren Hundert Metern auf eine Wiese.
Das Übungsgelände ist hermetisch abgeriegelt. Journalisten haben selten Zutritt. Allerdings hatte das Wissensmagazin «Galileo» auf Pro7 vor kurzem die Möglichkeit, den Statisten Hauko Hoffmeister (29) bei einer anderen Übung zu begleiten. Hoffmeister sagt auf Pro7: «Mich reizt es, einmal drei Wochen von jeder Zivilisation weg zu sein und auch ohne Handy und Internet zu leben.»
Übrigens: Die Russen proben ihrerseits den Angriff auf den Westen. Sie planen einen Nachbau des Berliner Reichstags für Trainingseinheiten junger militärbegeisterter Menschen. Sie sollen dabei lernen, wie man «ein Gebäude stürmt».