Das Beatmungsgerät des knapp zwei Jahre alten Buben Alfie Evans wurde am Montag abgeschaltet. Doch der Bub atmete selbständig weiter. Die Eltern hatten in einem monatelangen Rechtsstreit vergeblich eine Weiterbehandlung von Alfie gefordert.
Ihrem Baby seien in der Nacht auf Samstag um 2.30 Uhr «Flügel gewachsen», schrieben Kate James und Thomas Evans auf Facebook. «Wir sind untröstlich. Wir danken allen für ihre Unterstützung.»
Alfie hatte eine schwere neurologische Krankheit, die nicht klar diagnostiziert war. Er lag seit Dezember 2016 im Spital. Die Ärzte im Kinderspital Alder Hey in Liverpool hielten weitere lebenserhaltende Massnahmen für sinnlos, weil ihnen zufolge die Krankheit das Gehirn des Kindes fast vollständig zerstört hatte.
Sogar der Papst setzte sich für ihn ein
Die Eltern wollten das Kind trotzdem so lange als möglich am Leben erhalten. Sie mussten mehrere Niederlagen vor Gericht hinnehmen. Sie zogen bis vor den Obersten Gerichtshof Grossbritanniens und den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, unterlagen aber immer wieder.
Zuletzt sollte Alfie im Kinderkrankenhaus Bambino Gesù in Rom behandelt werden. Dies wurde jedoch zuletzt vom Berufungsgericht in London Gericht verboten.
Papst Franziskus persönlich hatte sich für den kleinen Jungen eingesetzt und die Behandlung in dem vom Vatikan verwalteten Kinderspital angeboten. Der 21-jährige Vater hatte den Papst im Vatikan getroffen und ihn um Hilfe gebeten. Die italienische Regierung verlieh Alfie sogar die italienische Staatsbürgerschaft, um eine Verlegung zu erleichtern.
Heftige Kritik am Umgang der Briten mit dem Fall
Der deutsche Experte Nikolaus Haas übte scharfe Kritik am Umgang mit dem Fall in Grossbritannien. In Deutschland wäre Alfie «selbstverständlich auf Wunsch der Eltern weiterbehandelt worden», sagte der Professor für Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin vom Universitätsklinikum München der Nachrichtenagentur DPA.
Haas erstellte im Auftrag eines britischen Gerichts ein Gutachten und befürwortete eine Verlegung des Jungen in ein Spital in Deutschland, Italien oder nach Hause.
Der Professor vermutet hinter der harten Haltung der britischen Mediziner auch die Furcht vor Kosten für das nationale Gesundheitssystem NHS durch ähnliche Fälle - und Arroganz. In Grossbritannien herrsche eine Kultur, in der Entscheidungen von Ärzten und dem Gesundheitssystem schwer infrage gestellt werden könnten. Eine Heilung des Jungen hielt aber auch Haas für ausgeschlossen. (SDA/noo)