Elektroschocks und Abba-Folter
Kriegsgefangene erzählen von russischem Horror-Gefängnis

Shaun Pinner und Aiden Aslin wurden im April von russischen Separatisten gefangen genommen. Im letzten halben Jahr erlebten die beiden freiwilligen Kämpfer eine Vielzahl von Folter.
Publiziert: 25.09.2022 um 11:51 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2022 um 13:53 Uhr
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Ein halbes Jahr lang wurde der Brite Shaun Pinner von russischen Separatisten gefangen gehalten.
Foto: DUKAS

Im April wurden sie von russischen Soldaten gefangen genommen, vor wenigen Tagen kamen sie wieder frei: Die beiden britischen Soldaten Shaun Pinner (48) und Aiden Aslin (28) erlebten im Kampf gegen Russland und in ihrer Gefangenschaft ganz schreckliche Dinge.

So lebte Pinner monatelang nur von trockenem Brot und verschmutztem Wasser wie er der «Sun» erzählt. «Ich dachte, ich würde sterben. Es war die Hölle auf Erden», so der Soldat. «Die letzten sechs Monate waren die schlimmsten Tage meines Lebens.»

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Gefangene mit Elektroschocks gefoltert

Pinner wurde während dem Kampf um Mariupol von russischen Separatisten gefangen genommen. «Ich war von russischen Separatisten umzingelt. Sie zogen mich aus, stachen mir ohne Grund ein Messer in den Oberschenkel und schlugen mich 20 Minuten lang windelweich.» Auch Elektroschocks gehörten zur Folter dazu.

Der ehemalige britische Soldat wurde dann in ein Gefängnis mit dem Namen The Dark Side (Die dunkle Seite) im russisch besetzten Donezk gebracht.

In seiner Zelle erlebte er dann eine ganz andere Art von Folter: Musik der Heavy-Metal-Band Slipknot und Musik von Abba spielten 24 Stunden am Tag in einer Endlosschleife. «Ich will nie wieder einen ABBA-Song hören», so Pinner. Auch physische Gewalt gab es ständig. Wenn Pinner ausserhalb von der von den Wärtern festgelegten Zeiten einschlief, wurde er geschlagen.

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«Ich bin dein Tod»

Auch Aslin wurde in Mariupol von seiner Truppe getrennt und gefangen genommen. «Ich hätte nie gedacht, dass ich da lebend rauskomme.» Während seiner ersten Verhöre wurden Aslin immer wieder mit Schlagstöcken verprügelt. Für jede Antwort, die er gab, erhielt er weitere Schläge, und man drohte ihm, ihm das Ohr abzuschneiden.

Aslin erzählt der Zeitung: «Der Beamte rauchte eine Zigarette, kniete sich vor mich hin und fragte: ‹Weisst du, wer ich bin?› Ich sagte ‹nein›, und er antwortete auf Russisch: ‹Ich bin dein Tod›.» Dann wurde er gefragt: «Willst du einen schönen oder einen schnellen Tod?»

Der gefangene Brite wünschte sich nach eigenen Angaben einen schnellen Tod. «Doch der Russe lächelte und sagte: ‹Nein, du wirst einen schönen Tod haben, dafür werde ich höchstpersönlich sorgen.›

In den folgenden fünf Monaten wurde Aslin 24 Stunden am Tag in einer Zelle festgehalten, die nur 1,5 mal 1,5 Meter gross und mit Kakerlaken und Läusen übersät war. Seine Entführer spielten die russische Nationalhymne in Endlosschleife und befahlen ihm, aufzustehen und sie zu singen sonst würde er erneut geschlagen. Als sie das Gitter seiner Zelle aufklappten, wurde ihm befohlen zu schreien: «Ruhm für Russland».

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Pinner und Aslin zurück in England

Während seiner Gefangenschaft wurden Aslin wie Pinner mehrmals für Propagandavideos der Russen benutzt. Im Juni wurden die beiden dann von einem Scheingericht als Söldner zum Tode verurteilt. «Als ich hörte, dass ich zum Tode verurteilt worden war, wollte ich weinen, aber ich konnte einfach nicht. Es war buchstäblich eine Frage des Überlebens», so Aslin.

Vergangene Woche kursierte dann die schreckliche Nachricht: Pinner und Aslin seien hingerichtet worden. Wie sich aber Mitte Woche herausstellte, wurden sie mithilfe des russischen Oligarchen und ehemaligen Chelsea-Besitzers Roman Abramowitsch (55) aus den Fängen der russischen Folterer befreit.

Nun sind beide wieder zurück in England – Pinner bei seiner Frau und Aslin ist zurück bei seiner Mutter, im Haus seiner Kindheit. (chs)

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