In Deutschland hat die seit Tagen schwelende Affäre um die Ermittlungen wegen Landesverrats gegen den investigativen Blog «Netzpolitik.org» ihren Höhepunkt erreicht. Nachdem die Kritik gegen den Generalbundesanwalt Harald Range immer lauter wurde, hat Justizminister Heiko Maas gehandelt – und Range entlassen.
Er werde noch im Laufe des Tages im Einvernehmen mit dem Kanzleramt beim Bundespräsidenten seine Versetzung in den Ruhestand beantragen, sagte der SPD-Politiker heute. Sein Vertrauen in den Anwalt sei «nachhaltig gestört.»
«Unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz»
Das Fass zum Überlaufen gebracht hatten dabei Äusserungen Ranges, die Politik hätte sich unerlaubterweise in die Justiz eingemischt. Range sprach heute Morgen vor laufenden Kameras von einem «unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz». Er bezog sich dabei auf eine angebliche Weisung des Ministeriums, ein in Auftrag gegebenes Gutachten sofort zu stoppen. Es hätte feststellen sollen, ob tatsächlich Landesverrat begangen wurde oder nicht.
Justizdirektor Maas, an den die Kritik gerichtet war, wies diese vehement zurück. «Die Äusserungen und das von Generalbundesanwalt Range heute gewählte Vorgehen sind nicht nachvollziehbar und vermitteln der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck», sagte er vor Journalisten. Eine solche Weisung habe es nicht gegeben. Vielmehr habe man sich bereits am Freitag in gegenseitigem Einverständnis entschieden, den Auftrag für ein Gutachten zurückzuziehen. Und das «ohne Kenntnis eines möglichen Ergebnisses».
Pressefreiheit gefährdet
Ausgelöst hat die Affäre eine Anzeige des Verfassungsschutzes gegen Unbekannt, nachdem der Blog «Netzpolitik.org» interne Dokumente der Behörde zum Ausbau der Überwachung von Internetinhalten veröffentlicht hatte. War die Intention dabei primär, juristisch gegen die Person vorzugehen, die den Bloggern die Dokumente zugespielt hatten, eröffnete Generalbundesanwalt Range allerdings ein Verfahren gegen die Blog-Betreiber.
Die Affäre löste einen Sturm der Entrüstung aus. Die Ermittlungen verstiessen gegen die Pressefreiheit, so der Tenor. Selbst Bundeskanzlerin Merkel distanzierte sich von Range. Er wie auch Innenminister Thomas de Maizière äusserten Zweifel, dass es sich wirklich um Landesverrat handelt. (SDA/lha)