Einstimmiges Votum
Kapitol-Ausschuss empfiehlt strafrechtliche Verfolgung Trumps

Das Gremium des Repräsentantenhauses ist sich einig: Ex-US-Präsident Donald Trump soll strafrechtlich verfolgt werden. Sollte Trump jemals wegen des Vergehens der Aufruhr verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt in den USA mehr ausüben.
Publiziert: 19.12.2022 um 20:26 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2022 um 07:17 Uhr
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Gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wird wegen des Sturms auf das Kapitol ermittelt.
Foto: keystone-sda.ch

Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol empfiehlt dem US-Justizministerium strafrechtliche Ermittlungen gegen Ex-Präsident Donald Trump (76) und Vertraute. Dafür stimmte das Gremium des Repräsentantenhauses am Montag einstimmig bei einer öffentlichen Anhörung in Washington.

Die Empfehlung des Ausschusses ist nicht bindend – das Justizministerium entscheidet selbst, ob es gegen den Republikaner strafrechtlich vorgeht. Wann diese Entscheidung kommt, ist offen. Eine solche Empfehlung ist dennoch beispiellos. Denn der Ausschuss wirft Trump unter anderem Aufruhr, Behinderung eines öffentlichen Verfahrens sowie Verschwörung gegen die US-Regierung vor. Die Abstimmung des Gremiums ist ein deutliches Signal, könnte den Entscheidungsprozess beeinflussen und zu einer Anklage führen.

Das Justizministerium muss nun schauen, ob es genügend Beweise für eine Strafanzeige gegen den Ex-Präsidenten hat. Der seltene Straftatbestand der Aufruhr ist der schwerwiegendste. Er ist dem US-Gesetz zufolge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autorität des Staates oder der Gesetze angestiftet oder sich daran beteiligt wird. Dies wird mit einer Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump also wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben.

Republikanerin Cheney übt scharfe Kritik

Der Ausschuss hat zu Beginn seiner letzten öffentlichen Anhörung die schweren Vorwürfe gegen Trump erneuert. «Noch nie hat ein Präsident der Vereinigten Staaten einen gewaltsamen Versuch unternommen, die Machtübergabe zu blockieren», sagte der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson (74) am Montag zu Beginn der Sitzung des Gremiums in der US-Hauptstadt Washington. Trump habe gewusst, dass er die Präsidentschaftswahl 2020 verloren habe. «Am Ende rief er einen Mob nach Washington», so der Demokrat Thompson weiter. Dafür müssten Verantwortung übernommen werden, die es nur im Strafrechtssystem geben könne.

Selbst aus seiner eigenen Partei kam scharfe Kritik. «Ein Mann, der sich zu so einem Zeitpunkt so verhält, darf nie wieder ein Amt in unserer Nation bekleiden, er ist für kein Amt geeignet», sagte die Republikanerin Liz Cheney (56) am Montag. Seine Untätigkeit habe fatale Folgen gehabt: Trump habe die gewaltsamen Ausschreitungen vom Oval Office aus im Fernsehen verfolgt und stundenlang keine öffentliche Erklärung abgegeben, obwohl ihn seine Mitarbeiter, Mitglieder seiner Familie und Anwälte darum gebeten hätten.

Im Laufe der Untersuchungen wurde Trump von Zeuginnen und Zeugen schwer belastet. Dazu zählten etwa Trumps ehemaliger Justizminister William Barr (72) oder Angestellte des Weissen Hauses. Als besonders spektakuläre Überraschungszeuginnen galt etwa Cassidy Hutchinson (26), eine ehemalige Mitarbeiterin im Weissen Haus. Sie warf Trump im Sommer vor, sich vorab über mögliche Gewalt am 6. Januar 2021 im Klaren gewesen zu sein.

Trump sieht sich als Opfer

Trump hat von Anfang an gegen den Untersuchungsausschuss gewettert und ihm die Legitimität abgesprochen. Im November hatte Trump erklärt, für die Republikaner noch einmal als Kandidat für das Weisse Haus antreten zu wollen. Auch vor diesem Hintergrund tut er jegliche Vorwürfe gegen ihn als politische Verfolgung ab.

In den vergangenen knapp 18 Monaten hat der Ausschuss untersucht, wie es zum Sturm von Anhängern Trumps auf den Sitz des US-Kongresses am 6. Januar 2021 kam, in dem damals die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden (80) beglaubigt werden sollte. Eine von Trump aufgestachelte Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein. Fünf Menschen starben.

Theoretisch dürfte Trump bei einem Schuldspruch nicht kandidieren

Trump möchte noch einmal Präsident der USA werden. Er hat seine Kandidatur für die Wahl 2024 im November erklärt. Die Vorwürfe gegen ihn tut er als politische Verfolgung ab. Und ja, in dem Ausschuss sitzen sieben Demokraten und nur zwei Republikaner. Das liegt vor allem daran, dass die Republikaner im Kongress das Gremium mehr oder weniger von Anfang an torpediert haben. Im Januar kommt ein neuer Kongress zusammen, die Demokraten haben ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Der Kapitol-Ausschuss ist dann Geschichte. Er musste nun handeln und entscheiden, ob er das letzte Register zieht und dem Ministerium die strafrechtliche Verfolgung Trumps empfiehlt.

Doch selbst wenn Trump in diesem Fall verurteilt würde, muss das noch nichts heissen. Denn einige Juristinnen und Juristen argumentieren, dass die Verfassung Bundesgesetze aussticht – und in dieser findet sich nichts über die Mitnahme von Regierungsdokumenten als Ausschlusskriterium für ein politisches Amt. Auch hier dürften am Ende Gerichte das letzte Wort haben. Es stellt sich im Moment also eher die Frage, inwieweit das juristische Gezerre und das Vorgehen des Kapitol-Ausschusses Trump in seiner Partei – und letztlich bei den Wählerinnen und Wählern – schaden. Das wird erst die Zeit zeigen.

(SDA)

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