Es ist ein Bild, das die ganze Welt bewegte: Der kleine Aylan (†3) liegt tot am Strand von Bodrum in der Türkei. Sein Vater Abdullah Kurdi (41) wollte mit ihm, seinem zweiten Sohn Galip (†5) und seiner Frau Rehab (†35) für ein besseres Leben nach Griechenland übersetzen. Das Gummiboot sank, nur der Vater konnte sich retten.
Inzwischen ist genau ein Jahr vergangen. Abdullah Kurdi lebt in der irakischen Stadt Erbil. Sie liegt acht Autostunden weg von seiner ehemaligen Heimat, dem syrischen Kobane. Da liegen seine Liebsten begraben. Eine Rückkehr wäre zu gefährlich. Auch wegen seiner Gesundheit: Abdullah Kurdi lag fast einen Monat wegen einer Blutvergiftung im Spital.
Die «Bild»-Zeitung hat ihn in seiner neuen Heimat besucht. «Was mache ich überhaupt hier? Warum bin ich noch da?» fragt der verzweifelte Vater. Dass das Bild seines toten Buben um die Welt ging, findet er richtig: «Es musste gezeigt werden, um den Menschen deutlich zu machen, was passiert.»
«Alle waren so berührt» - und jetzt?
In seine Trauer mischen sich Enttäuschung und Wut. «Die Politiker haben nach dem Tod meiner Familie gesagt: Nie wieder! Alle wollten angeblich etwas tun wegen des Fotos, das sie so berührt hat. Aber was passiert denn jetzt? Das Sterben geht weiter und keiner tut etwas.»
Eine Aktion des chinesischen Künstlers Ai Weiwei habe ihn schockiert. Dieser hatte das Foto mit Aylan selber nachgestellt.
Für Abdullah Kurdi steht fest: Wenn er wieder gesund ist, will er sich für Flüchtlinge einsetzen. «Ich möchte den Flüchtlingen in den Lagern sagen, dass sie nicht die gleiche Reise machen sollen. Die Gefahr ist zu gross, das ist es nicht wert.» (gf)