Ecstasy wird stärker - die Jungen nehmen mehr
«Das ist eine dumme Qualitäts-Überlegung»

Die Schweiz ist high. Der Stoff, aus dem die Ecstasy-Eskapaden sind, ist in den vergangenen Jahren immer reiner geworden – und immer höher dosiert. Heute konsumieren nicht nur die typischen Techno-Tänzer, sondern auch die Durchschnitts-Disco-Besucher.
Publiziert: 18.09.2015 um 21:48 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:23 Uhr
Immer reiner: Die Qualität der Ecstasy-Pillen hat in den letzten anderthalb Jahren extrem zugenommen.
Foto: Getty Images
Von Alexa Scherrer

Grosse Pupillen, elektrisierende Beats, verzückt tanzende Meute: das typische Bild eines Raves der 90er-Jahre. Wo damals ekstatische Musik lief, wurden oft die dazugehörigen Drogen konsumiert. Heute pumpen die Bässe in den grossen Clubs nach wie vor – und die bunten Ecstasy-Pillen sind auch wieder im Hoch.

«The Guardian» schreibt von einer erneuten Bekanntschaft, einer neuen Affinität zur Partydroge, die sich unter den Jungen des Landes zeigt. Nachdem Ecstasy im Vereinigten Königreich zwischen 2008 und 2009 einen Tiefpunkt erlebte, ist man jetzt wieder auf dem Konsumationslevel der Neunziger und frühen Nuller-Jahre.

«Als die Reinheit immer mehr sank, schwenkten die Konsumenten um, zum Beispiel auf Legal Highs», sagt Fiona Measham von der Uni Durham. «Mittlerweile ist in Ecstasy wieder Ecstasy drin und die Leute sind damit sehr glücklich.»

«Je potenter die Pille, desto geiler»

Dass der Stoff auch in der Schweiz reiner ist, bestätigt Karin Luks vom unabhängigen Verein «Eve & Rave». «Die Qualität der Pillen hat in den letzten anderthalb Jahren extrem zugenommen, sei es in der Schweiz, sei es in England oder den Niederlanden. Der Grossteil der Pillen kommt aus Holland.» Vor ungefähr fünf Jahren habe es beim MDMA, dem Haupt-Inhaltsstoff von Ecstasy, Lieferengpässe gegeben. «Oft enthielten Pillen m-CPP, eine für viele sehr unangenehme Substanz. In der Folge sank der Konsum.»

Gemäss Hannes Hergarten (35) vom Partydrogen-Aufklärungsangebot«Rave it safe» der Stiftung Contact Netz hat nicht nur die Reinheit der Tabletten zugenommen, sondern auch die Dosierung. «Für die Jugendlichen ist das eine Qualitätsüberlegung, wenn auch eine dumme. Je potenter die Pille, desto geiler, meinen viele. Jedoch steigt das Risiko. Der Drogenkonsum und dessen Mythenwelt hat auch etwas mit Angeben zu tun.»

Von einem riesigen Comeback der Partydroge will er hingegen nicht sprechen. «Eine Flaute hatte Ecstasy in der Schweiz nie wirklich. Dass mal die eine Substanz mehr gefragt ist und dann wieder die andere, ist normal. Drogenkonsum verhält sich immer zyklisch.» Zudem ist die Beschaffung von Ecstasy heute einfacher geworden – das liegt auch am Internet. Früher brauchte man noch Beziehungen zu Dealern oder zumindest Beziehungen zu Leuten mit Beziehungen zu Dealern.

Arbeiten nach einer Rauschnacht ist schwierig

Das Team von «Rave it safe» bietet unter anderem an Partys mobiles Drugchecking an, testet die Drogen also auf Inhaltsstoffe, Dosierung und Reinheitsgrad. «Ecstasy gehört nach wie vor zu den Substanzen, die am meisten getestet werden. Die Droge ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil der Partyszene», sagt Hergarten.

Ecstasy würde nicht mehr nur von einer kleinen Gruppe an einer halbprivaten Technoparty konsumiert werden. Auch in Durchschnitts-Discos ist die Droge längst salonfähig. «Auch an einer smoothy Hip-Hop-Party werden die Pillen genommen», weiss der 35-Jährige. Auch wenn die Droge verbreiteter sei, harmloser sei sie keineswegs geworden. «Diejenigen, die denken, sie nehmen die Pillen einfach zwei oder drei Mal und hören dann wieder auf – die täuschen sich meistens.»

Ecstasy ist keine Droge, die zu einem bestimmten Lifestyle gehört – Ecstasy gehört viel mehr zur Jugendlichkeit und zur Unbeschwertheit, macht nur eine Phase im Leben aus. Entwächst man langsam der schillernden Nacht-und Partywelt, verringert oder verabschiedet sich auch oft der Ecstasy-Konsum.

Müsse man beim Job viel Verantwortung übernehmen, lasse sich das mit der Droge kaum vereinbaren. «Am Montag wieder arbeiten nach einer Rauschnacht am Samstag – das verkraftet man vielleicht, wenn man wirklich jung ist», sagt Hergarten. «Ist man schon etwas älter, fällt einem sogar am Dienstag noch alles schwer.»

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