Die Tessinerin Maria Tantardini (24) steht in ihrem Tarnanzug in einer alten Gefechtsstellung der französischen Fremdenlegion in Norden des Kosovo: «Das hier ist die vielleicht gefährlichste Stelle im Land», sagt sie mit ernstem Blick und zeigt auf eine Brücke. Die Austerlitz-Brücke teilt die Stadt Mitrovica, in der Nähe der serbischen Grenze, in zwei Hälften. «Auf der einen Seite wohnen die Kosovo-Albaner, auf der anderen die Kosovo-Serben», sagt die ausgebildete Primarlehrerin. «Ein Funke könnte hier zur Eskalation führen.»
Mittendrin sind seit bald 20 Jahren Schweizer Soldatinnen und Soldaten, die Swisscoy. Sie sollen zusammen mit Deutschen, Amerikanern und Soldaten anderer Nationen den Frieden im Land sichern. Eine Mission der Schweizer: Soziale Spannungen im Gespräch mit der Bevölkerung frühzeitig erkennen – und so dafür sorgen, dass das Pulverfass Kosovo nicht hochgeht. «Liaison and Monitoring» heisst das im Militarslang.
Die Schweizer Armee hat im Kosovo 15 Prozent Frauenanteil
Unumstritten war der Auslandeinsatz der Schweizer nie. Die Grundsatzfrage: Was haben Schweizer Soldaten im Ausland verloren? Dazu kursierten Geschichten von Party-Exzessen. Soldaten sollen nach Saufgelagen aus dem Fenster gefallen sein. Im Camp der Schweizer habe es sogar eine Messerstecherei gegeben.
Seither hat die Armee aktive Frauenförderung betrieben. Während in der Armee die Frauenquote bei 0,5 Prozent liegt, sind es bei Swisscoy stolze 15 Prozent. Im Liaison-and-Monitoring-Team von Maria Tantardini sind es rund ein Drittel. Das liegt auch am speziellen Auftrag: «Wir sind die Augen und Ohren der internationalen Truppen im Kosovo, müssen mit allen Leuten sprechen. Da macht es Sinn, wenn Frauen dabei sind. Gerade, weil beispielsweise häusliche Gewalt ein grosses Thema ist.»
Die Schweizerinnen haben im Kosovo einen ganz eigenen Ansatz. Während die Amerikaner martialisch mit ihren Black-Hawk-Helis über den Häusern kreisen, besuchen die Soldatinnen mit ihrem Übersetzer eine Musikschule. «Bitte zieht die Kampfstiefel aus», sagt der Hausherr.» Die Schweizer folgen dem Wunsch. «Wir sprechen mit den Menschen auf Augenhöhe», so Tantardini.
Reichen zwei bis drei Monate Ausbildung?
Die Eidgenossen sind im Kosovo quasi Diplomaten im Tarnanzug, erklärt Darja Schildknecht (26) aus Zürich: «Sie sprechen mit Serben und Albanern an Schulen, auf der Strasse oder in Kirchen – das braucht Einfühlungsvermögen statt militärischem Auftritt.» Auch Schildknecht profitierte von der Frauenförderung. Die Frauen ohne militärische Ausbildung können in drei Monaten fit für den Kosovo gemacht werden. Reicht das für einen bewaffneten Auslandeinsatz? «In unserem Milizsystem profitieren wir auch von unserer zivilen Ausbildung», so Schildknecht.
Bei Maria Vitale (37) aus Basel ist das nicht zu bestreiten. Die ausgebildete Notfallschwester ist Chef-Krankenschwester in der Militärbasis in Prizren. Ihre Motivation: «Ich wollte einen Auslandeinsatz machen und habe viele Kolleginnen, die schon bei Swisscoy waren – und habe eine verkürzte RS gemacht.»
«Wo kann man sonst einen Helikopter von so nahe bewundern?»
Sabrina Bachmann (23) aus Laupen BE sieht in ihrem Swisscoy-Einsatz eine Möglichkeit, sich beruflich weiterzubilden. «Ich habe eine Ausbildung im Detailhandel gemacht, danach die RS.» Heute sei sie für die Logistik der Schweizer Helikopterbasis am Militärflugplatz Pristina zuständig. «Wo kann man sonst einen Helikopter von so nahe bewundern?», fragt sie. Und strahlt.
Trotz freundlicher Bevölkerung: Politisch ist der Balkan noch immer ein Brandherd. Kosovo ist daran, eine eigene Armee aufzubauen, eine Provokation für die Serben. Wie die Diplomatinnen in Uniform – und ihre Vorgesetzten in der Schweiz – darauf reagieren, steht noch in den Sternen.
Nach dem Kosovo-Krieg wurde die Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo zu einer geteilten Stadt. Nördlich des Flusses Ibar liess sich die serbische Minderheit nieder. Im Süden des Flusses die Albaner. Seither leben die ehemaligen Kriegsgegner zwar Seite an Seite. Aber: Es liegt Spannung in der Luft.
Provokationen, Brandstiftungen und Scharmützel
Fährt ein Albaner etwa in den serbischen Stadtteil, nimmt er das kosovarische Nummernschild ab. Denn: Im Norden der Stadt fährt man besser mit einem serbischen Nummernschild herum. Sämtliche Behördenstellen gibt es doppelt. Und: Immer wieder kommt es zu gegenseitigen Provokationen, Brandstiftungen und Scharmützeln.
Verbunden werden die beiden Stadtteile durch die Austerlitz-Brücke, die noch immer nicht mit dem Auto überquert werden kann.
Nach dem Kosovo-Krieg wurde die Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo zu einer geteilten Stadt. Nördlich des Flusses Ibar liess sich die serbische Minderheit nieder. Im Süden des Flusses die Albaner. Seither leben die ehemaligen Kriegsgegner zwar Seite an Seite. Aber: Es liegt Spannung in der Luft.
Provokationen, Brandstiftungen und Scharmützel
Fährt ein Albaner etwa in den serbischen Stadtteil, nimmt er das kosovarische Nummernschild ab. Denn: Im Norden der Stadt fährt man besser mit einem serbischen Nummernschild herum. Sämtliche Behördenstellen gibt es doppelt. Und: Immer wieder kommt es zu gegenseitigen Provokationen, Brandstiftungen und Scharmützeln.
Verbunden werden die beiden Stadtteile durch die Austerlitz-Brücke, die noch immer nicht mit dem Auto überquert werden kann.