Polizei erschiesst Attentäter von Strassburg
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48 Stunden nach dem Anschlag:Polizei erschiesst Attentäter von Strassburg

Die wichtigsten Fragen zur Terror-Attacke von Strassburg
Chérif Chekatt ein Soldat des IS?

Der Islamische Staat (IS) hat sich zum Anschlag auf dem Strassburger Weihnachtsmarkt bekannt. Doch Experten bezweifeln, dass die Terrormiliz überhaupt noch über ausreichend Macht verfügt.
Publiziert: 14.12.2018 um 20:55 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2018 um 10:31 Uhr
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Attentäter Chérif Chekatt ist tot. Sein letztes Bild zeigt ihn liegend vor einer Haustür. Neben ihm ein Revolver.
Foto: Twitter
Fabienne Kinzelmann

Jahrelang zieht Chérif Chekatt (29) durch Frankreich, die Schweiz, Luxemburg und Deutschland. Er bricht in Hotels, Apotheken und Wohnungen ein, wird insgesamt 27 Mal verurteilt. Am Dienstagmorgen entzieht sich der Intensivtäter einer weiteren Verhaftung. Am Abend geht er auf den Strassburger Weihnachtsmarkt – und eröffnet das Feuer. Zwei Tage später wird er von der Polizei gestellt und erschossen. Kurz darauf bekennt sich der Islamische Staat zur Schreckenstat. Doch Experten zweifeln an der Glaubwürdigkeit. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zum Motiv.

War Chérif Chekatt überhaupt religiös?

Beim Angriff soll Chekatt «Allahu Akbar» (Allah ist gross) gerufen haben. In einer Moschee in der Nähe des Strassburger Hauptbahnhofs wurde er ein paar Mal gesehen. Doch regelmässiger Besucher war er laut einem Prediger nicht.

Ist das IS-Bekenntnis zum Anschlag glaubwürdig?

Wohl kaum. Der IS hat in den vergangenen Jahren massiv an Macht verloren. Bei vielen Attentaten der vergangenen Jahre gab es keinen Kontakt zwischen Täter und IS. Der IS erlaubt Attentätern aber, die «Marke IS» in Anspruch zu nehmen.

Was könnte Chekatts Motiv gewesen sein?

Die Religion war vielmehr Vorwand für aufgestauten Frust. Chekatt wuchs mit sechs Geschwistern am südlichen Stadtrand von Strassburg auf. Seine Eltern stammen aus Algerien. Er hatte keine Ausbildung, war ab 2011 arbeitslos. Schon mit 13 wurde er zum ersten Mal verurteilt. Immer wieder sass er im Gefängnis. Dort hat er sich auch radikalisiert – angeblich hing in seiner Zelle ein Bild von Osama bin Laden.

Viele der 19 Attentäter von 9/11 waren Studenten. Chekatt war vermutlich ein Einzeltäter, wenig gebildet, kriminell. Gibt es einen Unterschied?

Viele der neueren Anschläge haben das gleiche Muster: Die Attentäter sind Einzeltäter ohne direkte Verbindung zum IS, und sie verüben ihre Tat mit sehr einfachen Methoden wie Messern, Pistolen oder Fahrzeugen. Der «neue Attentäter-Typ» kommt oft aus der kriminellen Szene und ist laut Experten zwar radikalisiert, aber nicht religiös interessiert. Für ihn sei der IS eher eine Art Gang.

Gibt es den IS eigentlich noch?

Im Frühjahr galt der IS in vielen Ländern wie dem Irak praktisch als besiegt. Im Juli erschütterte jedoch eine Anschlagsserie die syrische Provinz Suweida. Auch im Irak hat die Terrormiliz noch die Kontrolle über einzelne Gebiete. Zudem gibt es aktive Ableger in Libyen, Jemen und Afghanistan. In Afghanistan kämpfen sie auch gegen die Taliban.

Wie könnten Einzeltäter wie Chekatt künftig verhindert werden?

Frankreich ist ein laizistischer Staat und will deshalb religiös neutral sein. In der Praxis führt dies jedoch dazu, dass Religion unterdrückt wird und beispielsweise auch gemässigte Prediger nicht als Seelsorger in den Gefängnissen arbeiten können. Genau dort radikalisierte sich aber Chekatt. Terrorismus-Experte Peter Neumann fordert darum im «Spiegel»: «Es braucht mehr moderate Imame in den Gefängnissen, die mit dem geistlichen Vakuum vieler muslimischer Insassen umzugehen wissen.»

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