Sie hatten zwei Körper, aber nur einen Kopf. Die Schädel und die Blutgefässe der siamesischen Zwillinge Safa und Marwa Ullah waren zusammengewachsen, als sie per Kaiserschnitt zur Welt kamen. Nach 50 Stunden im Operationssaal wurden sie Anfang Jahr in einem Spital in London schliesslich voneinander getrennt.
Insgesamt mussten sie sich drei grossen Operationen unterziehen. Dabei wurden Venen, Knochen, Gehirn und Gewebe der Zwillinge getrennt. Die erste Operation fand im Oktober 2018 statt – damals waren die Mädchen aus Pakistan 19 Monate alt. Die letzte Operation, bei der sie getrennt wurden, war am 11. Februar. Mittlerweile sind die Schwestern zwei Jahre alt, können unabhängig voneinander leben und werden im Rahmen der laufenden Rehabilitation täglich physiotherapeutisch betreut.
Sogar Wissenschaftler und Ingenieure halfen mit
Zuerst trennten die Ärzte die Blutgefässe der Mädchen. Dann führten sie ein Stück Plastik in ihre Köpfe ein, um Gefässe und Gehirn endgültig voneinander zu trennen. Bei der letzten grossen Operation bauten die Mediziner aus den Knochen der Mädchen neue Schädel. Um sicherzustellen, dass sich die Haut über beide Köpfe erstreckt, benutzten sie Gewebeexpander.
Nach den drei Hauptoperationen folgten noch mehrere kleinere Eingriffe. Insgesamt waren rund 100 Mitarbeiter an den Operationen beteiligt. Das medizinische Team erhielt bei der Planung und Durchführung der Operationen auch Unterstützung von Wissenschaftlern und Ingenieuren.
Damit die heiklen Eingriffe reibungslos abliefen, haben Experten die Anatomie der Mädchen mithilfe der virtuellen Realität exakt nachgebildet. So konnten die Chirurgen die komplexe Struktur der beiden Schädel sowie die Positionierung der Gehirne und Blutgefässe visualisieren. Ein weiteres Team verwendete sogar einen 3D-Drucker. Damit stellte es Kunststoffmodelle der Strukturen her, die zum Üben verwendet wurden.
Die Wenigsten sind am Schädel miteinander verwachsen
Die Chirurgen sagten zu «The Sun»: «Wir freuen uns, dass wir Safa, Marwa und ihrer Familie helfen konnten. Wie sind unglaublich stolz auf sie. Es war ein langer und komplexer Weg für sie und auch für das Team der Klinik.»
Am ersten Juli wurden die beiden Mädchen schliesslich aus dem Spital entlassen. Seither wohnen sie mit ihrer Mutter Zainab Bibi (34), ihrem Grossvater Mohammad Sadat (57) und einem Onkel in London – ihr Vater lebt nicht mehr.
Wie «The Sun» schreibt, seien siamesische Zwillinge sehr selten. Konkret betreffe dies nur zirka eine von 2,5 Millionen Geburten – und nur fünf Prozent davon seien am Schädel miteinander verwachsen. Rund 40 Prozent solcher Zwillinge seien bei der Geburt bereits tot oder würden während der Wehen sterben. Ein weiterer Drittel sterbe innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt. (frk)