April 1969. Seit drei Monaten ist Richard Nixon (1913–1994) amerikanischer Präsident. Er ist nerövs und weist seinen Nationalen Sicherheitsberater Henry Kissinger an, das Personal im Weissen Haus abzuhören.
Nixon will wissen, warum so viele Inhalte aus dem Oval Office zu Journalisten gelangen. Es ist der Anfang des Watergate-Skandals. Er endet mit Nixons Rücktritt 1974.
Februar 2017. Seit drei Wochen ist Donald Trump (70) amerikanischer Präsident. Und schon wieder geistert das Wort Watergate durch Washington.
Warum konnten so viele geheime Informationen publik werden?
Die Parallelen liegen auf der Hand. Erneut ist ein Präsident besessen von der Frage, warum so viele geheime Informationen aus seinem Kabinett publik werden.
«Der echte Skandal sind die vielen Lecks in Washington», schreibt Trump auf Twitter – am Tag, als sein Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn (58) zurücktreten muss.
Anders reagiert der altgediente Journalist Dan Rather (85). «Watergate war bisher der grösste politische Skandal meines Lebens, bis vielleicht jetzt», sagt er.
Er meint die Russen-Connection, die sich derzeit in Washington ausbreitet.
Flynn hatte am 29. Dezember mit dem russischen Botschafter in den USA telefoniert, mit Sergei Kisljak. Die beiden sprachen über US-Sanktionen gegen Russland.
Damit hat Flynn wahrscheinlich etwas Illegales getan. Einer Privatperson ist es in den USA verboten, sich in diplomatische Angelegenheiten einzumischen.
Henry Kissinger, heute 93 Jahre alt, machte etwas Ähnliches. Er traf 18 Tage vor Nixons Vereidigung in der russischen Botschaft einen KGB-Agenten. Der Kreml sucht den Kontakt zum neuen Präsidenten.
Kissinger informierte den damaligen FBI-Direktor J. Edgar Hoover (1895–1972). Flynn tat das nicht. Das FBI aber hörte das Gespräch ab – und stellte das Vergehen fest.
Warnung vom FBI
Kaum war Trump Präsident, warnte das FBI, Flynn könnte von den Russen erpresst werden. Die kommissarische Justizministerin Sally Yates (56) informierte am 26. Januar das Weisse Haus. Vier Tage später wurde sie entlassen.
Umso dunkler sind die Wolken, die als Fragen über Washington hängen. Es sind die gleichen wie bei Watergate. Was wusste der Präsident? Und wann wusste er es?
Oder auf die heutige Zeit übertragen: Handelte Flynn allein? Oder im Auftrag von Trump? Ist das, was er tat, Hochverrat?
Das Wort Hochverrat ist neben Watergate das zweite toxische Wort, das durch die Medien geistert. Zumal es die juristische Voraussetzung wäre für ein Amtsenthebungsverfahren.
Klären könnte dies eine Anhörung vor dem Senat. Unter Eid müsste Flynn die Hintergründe des Gesprächs mit dem russischen Botschafter offenlegen.
Darauf pocht der einflussreiche republikanische Senator John McCain (80). Seit Wochen kritisiert er den russischen Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen von 2016.
Siegte Trump dank der Russen?
Gross sollen sie gewesen sein. So machte die «New York Times» gestern publik, russische Spione hätten sich mit Beratern von Trump während des Wahlkampfs getroffen.
Russische Geheimdienste hackten in die Wahlkampfzentrale von Hillary Clinton (69), stellte das FBI fest. Mit dem Ziel, die Wahlen zugunsten von Trump zu beeinflussen.
Dies und das Gespräch Flynns mit dem russischen Botschafter befeuern einen bösen Verdacht: Bescherte der russische Präsident Wladimir Putin (64) dem Republikaner Trump den Wahlsieg – weil man ihm das Ende der Sanktionen versprach?
Es gibt noch eine Parallele zu Watergate: Damals wie heute regiert ein psychisch eher labiler Mensch im Weissen Haus.