Eine Deutsche hat die Schweiz künftig im Griff. Ab 1. November läuft das EU-Rahmenabkommen über den Schreibtisch von Ursula von der Leyen (60). BLICK analysiert, was wir von der neuen EU-Kommissionspräsidentin erwarten können.
5 Gründe, warum die Schweiz nun hoffen darf
1. Selmayr geht
Junckers Generalsekretär Martin Selmayr (48) fuhr die harte Linie gegenüber Bern. Damit nicht zwei Deutsche an der Kommissionsspitze stehen, geht er.
2. Neuer Ton
Die neue Kommissionspräsidentin ist in Sachen Schweiz-EU-Beziehung ein unbeschriebenes Blatt. Das lässt Raum für einen neuen Ton in den festgefahrenen Verhandlungen.
3. Persönlichkeit
Ursula von der Leyen gilt als sehr zugewandt und respektvoll. In der internationalen Diplomatie die halbe Miete.
4. Geografische Nähe
Eine Deutsche ist der Schweiz sicher näher als beispielsweise ein Osteuropäer. Zudem schätzt von der Leyen das föderale System der Schweiz – sie nannte es einst explizit als Vorbild für mögliche «Vereinigte Staaten von Europa».
5. Brexit-Position
Von der Leyen will keinen harten Ausstieg der Briten. Ein möglichst lockerer Brexit kann ein Vorbild für die künftige Schweiz-EU-Beziehung sein.
5 Gründe, warum die Schweiz zittern muss
1. Kultureller Unterschied
Von der Leyen ist Norddeutsche – die dortige Mentalität ist doch ein bisschen weiter weg von der Schweiz. Der bisherige Präsident Jean-Claude Juncker (64) und sein Vorgänger José Manuel Barroso (63), der in Genf studierte, waren bekennende Schweizfreunde.
2. Einarbeitung
Von der Leyen kennt das für die Schweiz relevante Dossier noch nicht. Sie muss sich erst einarbeiten – und wird Junckers Linie sicher nicht komplett verwerfen.
3. Persönliche Beziehung
In Bundesbern ist die Deutsche eine Unbekannte. Sich erst kennenlernen zu müssen, kostet wertvolle Verhandlungszeit.
4. Schweiz kein Thema
Die Prioritäten der neuen EU-Chefin liegen woanders. Das zeigt ihre kämpferische Rede, mit der sie das EU-Parlament am Dienstagmorgen in letzter Sekunde von sich überzeugte. Klimaschutz, Mindestlohn, Brexit: Sie sprach alle möglichen Themen an – nur die Schweiz nicht.
5. Der EU reisst der Geduldsfaden
Juncker beschwor die Schweiz schon vor Wochen, das Rahmenabkommen lieber noch mit ihm zu schliessen. In der EU sind andere Dossiers von grösserer Bedeutung. Der Eindruck: Die Schweiz kostet die EU zu viel Zeit.
So kann die Schweiz die EU-Beziehung retten
Und jetzt? Wie es für die Schweiz in Sachen EU-Beziehung weitergeht, hängt auch von den nächsten Wochen ab. EU-Experte Gilbert Casasus, Direktor des Zentrums für Europastudien an der Universität Freiburg, rät, die Füsse vor den Eidgenössischen Wahlen stillzuhalten. «Will die Schweiz etwas erreichen, wäre es kontraproduktiv, mit Provokationen gegen die EU Wahlkampf zu betreiben», sagt Casasus. Er warnt: «Auch in Brüssel liest man Schweizer Zeitungen!»
Es könne eigentlich nicht mehr lange dauern, bis der Knoten in den Verhandlungen platzt. Allerdings: «Wenn das Rahmenabkommen nicht spätestens im ersten Halbjahr 2020 kommt, sollte sich die Schweiz auf eine lange Frostdauer einstellen.» Und dann kann die Schweiz noch länger auf Tauwetter warten.