Die junge Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) ist in Italien auf dem Vormarsch. Diese war 2009 als Protestpartei vom bekannten eurokritischen Kabarettisten Beppe Grillo (67) gegründet worden. Am Wochenende wurden gleich in Rom und Turin M5S-Vertreterinnen zur Bürgermeisterin gewählt.
Die Hauptstadt Rom mit knapp drei Millionen Einwohnern wird neu von Virginia Raggi (37) regiert. Es ist die erste Frau, die den Kapitolshügel erobert hat. Das Wahlversprechen der Rechtsanwältin tönt nicht spektakulär, trifft aber die Italiener im Herzen: «Die wahre Revolution für Rom wäre Normalität. Mobilität, Müllbeseitigung, mehr Transparenz haben Vorrang», sagte sie vor den Wahlen im Gespräch mit dem «Spiegel». Werte, von denen die Italiener bisher nur träumten.
Strassen flicken statt Olympische Spiele
Zurück zur Normalität heisst für sie auch: Nein zu einer Bewerbung Roms für die Olympischen Spiele 2024. Es sei geradezu «kriminell», so viel Geld für diesen Sportanlass auszugeben, «während Rom unter Verkehr und Schlaglöchern zusammenbricht».
Die Mutter eines siebenjährigen Buben verlässt sich auf ihren gesunden Menschenverstand. Raggi: «Wer eine sichere Stadt fordert, muss kein Rechter sein. Und wer für funktionierende Schulen kämpft, kein Linker.»
Renzis Partei blamiert sich
Auch in der viertgrössten Stadt Italiens, im 900’000 Einwohner zählenden Turin, gibt neu eine Vertreterin der M5S den Ton an. Chiara Appendino (31), eben Mutter eines Mädchens geworden, verspricht ein «solidarisches, sicheres und gesundes Turin».
Auch sie will aufräumen mit Güsel und Verkehrschaos. Firmen sollen Geld erhalten, damit sie arbeitslose Jugendliche einstellen. Finanziert werden soll das mit Einsparungen beim Regierungsstab.
Beide Frauen haben wenig politische Erfahrung. Beide haben Kandidaten des Partito Democratico von Premier Matteo Renzi deutlich hinter sich gelassen. Es ist eine Schmach für die Mitte-Links-Regierung Italiens. Aber ein Zeichen des Aufbruchs in unserem südlichen Nachbarland. (gf)