Sieben Stunden dauerte die Debatte im griechischen Parlament, bis Regierungschef Alexis Tsipras bekam, was er brauchte – ein «Ja» zum neuen Hilfsprogramm und zu den damit verbundenen strikten Sparauflagen.
Laut dem Ministerpräsidenten ging es um nichts anderes als das «Überleben des Landes». Und das musste hart erdauert werden, mehr als 24 Stunden dauerte die Parlaments-Sitzung letzte Nacht insgesamt.
Entsprechend gerädert zeigten sich die Volksvertreter: Syriza-Fraktionssprecher Nikos Filis war einer der Politiker, der sich zwischenzeitlich für ein Nickerchen auf eine der hinteren Bänke zurückzog.
Finanzminister Euclid Tsakalotos wurde gähnend am Rednerpult gesichtet, Wirtschaftsminister George Stathakis und Regierungschef Tsipras machten zu später Stunde auch nicht mehr den frischesten Eindruck.
Diskussion über die Debatte
Dabei hatten sich die Parlamentarier die Mega-Debatte und den damit verbundenen Schlafentzug mindestens zum Teil selber eingebrockt: Bevor nämlich um 2 Uhr nachts über die neuen EU-Hilfen gesprochen wurde, wurde im Parlamentspräsidium zweieinhalb Stunden darüber diskutiert, ob man schon in der Nacht oder erst heute Morgen diskutieren wolle.
Vor allem Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou tat sich hier hervor. Sie plädierte dafür, den 400-seitigen Gesetzesentwurf im Detail unter die Lupe zu nehmen, während Tsipras und Finanzminister Tsakalotos zur Eile mahnten.
Am Nachmittag treffen sich die Euro-Minister
Am Ende setzte sich Tsipras durch – und jetzt geht es Schlag auf Schlag weiter: Am Nachmittag setzen sich die Euro-Finanzminister mit den Massnahmen auseinander und sollen letzte Hindernisse aus dem Weg räumen. Die EU-Kommission betonte, das Paket werde sich auf nachhaltige Finanzen und Reformen konzentrieren.
Doch für den Regierungschef ist nun längst nicht alles in Butter. Der Chef der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Evangelos Meimarakis, sagte in der Debatte, das Parlament zeige wegen der Streitigkeiten innerhalb der Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras Auflösungserscheinungen. Seine Partei werde nicht zulassen, dass das Land demoliert werde.
Einmal mehr schaffte es Tsipras nicht, alle Syriza-Abgeordneten auf seinen Kurs einzuschwören: 43 Parlamentarier verweigerten ihm die Gefolgschaft.
Nur noch 118 der 162 Abgeordneten der Links-rechts-Koalition standen hinter Tsipras. Damit verfügt der Premier nicht mehr über die für eine Minderheitsregierung nötige Mehrheit von 120 Parlamentariern. Laut einem Regierungsvertreter plant Tsipras nach dem 20. August eine Vertrauensabstimmung im Parlament.
Opposition warnt vor Neuwahlen
Dass ein Teil der Syriza die Regierung in allen Politikbereichen ausser der Sparpolitik unterstütze, nannte Meimarakis «surreal». Es könne nicht so weitergehen, dass sich die Regierung auf die Stimmen der Opposition stützen müsse.
Zugleich warnte Meimarakis eindringlich vor Neuwahlen. Wahlen würden das Land weit zurückwerfen, Athen werde wertvolle Zeit verlieren und danach womöglich wieder ein neues Sparprogramm brauchen.
Finanzminister Euklid Tsakalotos hatte zuvor erklärt, es sei absolut notwendig, dass er zu dem für den Nachmittag (15 Uhr) anberaumten Treffen der Eurogruppe die Billigung des Parlamentes mitbringen könne. Andernfalls werde Griechenland von den Partnern in der EU die Zustimmung für ein Hilfsprogramm für die nächsten drei Jahre nicht bekommen und wäre auf einen Überbrückungskredit angewiesen.
Zahlreiche Abgeordnete der regierenden Syriza hatten angekündigt, mit «Nein» stimmen zu wollen. Ihr Anführer Panagiotis Lafazanis erklärte, in Griechenland gebe es keine Demokratie mehr. Die Gesetze würden nach dem Willen der Geldgeber durchs Parlament gepeitscht. (eg/SDA)