Was tun, wenn die Russen kommen? Plötzlich ist die Frage wieder in aller Munde. Die schwedische Regierung hat diese Woche an die knapp 10 Millionen Einwohner des Landes eine Broschüre mit dem Titel «Om krisen eller kriget kommer» (deutsch: «Wenn die Krise oder der Krieg kommt») verschickt, in der steht, wie man sich im Ernstfall verhalten soll. Zum letzten Mal gab es eine solche Anweisung 1961 während des Kalten Kriegs.
Die 20-seitige Druckschrift – illustriert mit Kampfjets, Sirenen und flüchtenden Familien – zeigt auf, wie die Schweden ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Wasser und Wärme sichern können, was verschiedene Warnsirenen bedeuten, wo Bombenbunker zu finden sind und wie sie zur «totalen Verteidigung» des Landes beitragen können. «Wenn Schweden von einem anderen Land angegriffen wird, geben wir niemals auf.»
Namen werden keine genannt. Doch es ist kein Geheimnis, dass man im Norden Europas mit grosser Besorgnis nach Russland schaut – erst recht seit Wladimir Putins Annexion der Krim-Halbinsel im Jahr 2014 und einem russischen Scheinangriff auf die schwedische Insel Gotland.
Russischer Scheinangriff sorgte für Umdenken
Im Jahr 2013 flogen russische Langstreckenbomber und Kampfjets Angriffs-Übungen bei der schwedischen Insel Gotland und in der Nähe Stockholms. Später kam ein Nato-Bericht zum Schluss, Russland habe einen Atomschlag auf die Hauptstadt simuliert. Nach dem Schock folgte in Schweden ein Kurswechsel: Die Regierung führte die Wehrpflicht ein, stationierte Soldaten in Gotland und erhöhte das Militär-Budget nach Jahren der Abrüstung wieder. Sogar ein Nato-Beitritt wird nun wieder diskutiert.
Ebenfalls im Handbüchlein thematisiert werden Naturkatastrophen, Terror-Anschläge und Cyber-Attacken. «Obwohl Schweden sicherer ist als viele andere Länder, gibt es dennoch Bedrohungen für unsere Sicherheit und Unabhängigkeit», heisst es. Eine ganze Seite ist der Identifikation von Fake-News gewidmet. «Staaten und Organisationen versuchen schon jetzt, unsere Werte und unser Verhalten mit Falschinformationen zu beeinflussen», steht dazu. «Das Ziel könnte sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu schwächen.»
Schweden ist wie die Schweiz neutral
Auf einer detaillierten Seite finden sich Tipps und Checklisten zur optimalen Vorbereitung auf eine Krise. Die Bürger sollen Folgendes horten: Wasser, warme Kleider, Schlafsäcke und «unverderbliche Lebensmittel, die schnell zubereitet werden können, wenig Wasser brauchen oder ohne Vorbereitung gegessen werden können».
Schweden hat seit 200 Jahren keinen Krieg geführt, während des Zweiten Weltkriegs war das Land wie die Schweiz neutral. Nun will Stockholm sicherstellen, dass man für den Fall der Fälle vorbereitet ist. (rey)