Foto: Santa Cruz County Sheriff's Office

Diagnose mit tödlichen Folgen
Auch dieser Mörder galt als therapierbar

Der Fall Rupperswil wird vor dem Obergericht neu aufgerollt. Die Gerichtspsychiater glauben daran, dass Thomas N. therapierbar ist. Ein Fall aus den USA zeigt, dass diese Einschätzung schon Menschenleben kostete.
Publiziert: 13.12.2018 um 16:09 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2019 um 10:05 Uhr
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Der Vierfachmörder von Rupperswil gilt als therapierbar – auch wenn es viel Zeit brauchen wird.
Marsel Szopinski

Zwei unabhängige Gutachter haben Vierfachmörder Thomas N.* im März vor dem Bezirksgericht Lenzburg für therapierbar befunden, weshalb er nicht lebenslang, sondern nur ordentlich verwahrt wurde. Auch vor Obergericht am Berufungsprozess hielten die Psychiater an dieser Einschätzung fest. 

Auch wenn Thomas N. wohl nie mehr freikommen wird: In den USA kostete die Einschätzung «therapierbar» in einem tragischen Fall Menschenleben. Ein Serienmörder, der vor 50 Jahren Kalifornien terrorisierte, wurde ebenfalls als therapierbar eingestuft. 

Die Morde von Edmund Kemper begannen früh in seinem Leben: mit 15 Jahren. Kemper stammte aus schwierigen Verhältnissen, wohnte bei seinen Grosseltern auf einer Ranch. Dabei entwickelte er einen tiefsitzenden Hass gegen seine strenge Grossmutter – und tötete sie. Auch seinen Opa erschoss er: «Damit er nicht wegen des Verlusts seiner Frau leiden musste», sagte Kemper später aus.

Trotz kaltblütiger Morde als therapierbar befunden

Der damals 15-Jährige stellte sich der Polizei. Gerichtspsychiater diagnostizierten bei Edmund Kemper Schizophrenie und steckten ihn in eine psychiatrische Hochsicherheitsanstalt – und verdonnerten ihn zur Therapie. Dort zeigte er sich kooperativ, intelligent und eben: therapierbar. Kemper half sogar den Psychiatern bei ihrer Arbeit. Bereits im Alter von 21 Jahren, sechs Jahre nach seinen ersten Morden, wurde er freigelassen.

Das Gutachten des zuständigen Psychiaters damals lautete: «Ich bin der Meinung, dass er auf die Jahre der Behandlung und Rehabilitation hervorragend angesprungen ist. Ich würde keinen psychiatrischen Grund sehen, um ihn für eine Gefahr für sich selbst oder für die Gesellschaft zu erachten.»

Zu grosse Gefahr für Gesellschaft

Ein fataler Befund. Der hochintelligente Kemper hatte die Experten überlistet, wusste, was sie in den Gesprächen von ihm erwarteten – zum grossen Teil aus seiner Mitarbeit. Seiner Mordlust wurde somit freie Bahn gelassen.

Kemper nahm Anhalterinnen mit, erdrosselte sie und verging sich an ihren Leichen. Mehrere junge Frauen starben so durch seine Hand. Kemper wurde wegen achtfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt und befindet sich noch heute im Knast. Noch einmal freigelassen wird er definitiv nicht mehr. 

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