Asylstreit
Zerreissprobe für die Unionsparteien in Deutschland

Berlin – Im Machtkampf zwischen CDU und CSU in Deutschland über die Flüchtlingspolitik stehen die Zeichen auf Konfrontation. Die CSU dringt auf einen raschen Entscheid in der Flüchtlingspolitik, andernfalls droht der Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit einem Alleingang.
Publiziert: 15.06.2018 um 06:51 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:37 Uhr
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der deutsche Innenminister Horst Seehofer sind sich im Vorgehen bei der Flüchtlingspolitik überhaupt nicht einig. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/EPA/CLEMENS BILAN

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel von der CDU will dagegen in den kommenden zwei Wochen eine Lösung auf europäischer Ebene suchen. Einem Bericht zufolge soll nun der Bundestagspräsident zwischen den verkrachten Schwesterparteien vermitteln.

Droht Groko das Aus?

Mit einem Platzen der Koalition rechnet Merkel nach eigenen Worten nicht. Nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA lehnte sie zwei Kompromissangebote der CSU ab. Die CSU habe bei dem Krisentreffen am Mittwochabend im Bundeskanzleramt zunächst vorgeschlagen, sofort mit Zurückweisungen weiterer Asylbewerber an deutschen Grenzen zu beginnen - dies aber bei einem Erfolg des EU-Gipfels in zwei Wochen wieder zu beenden. Ausserdem habe die CSU den Vorschlag gemacht, jetzt schon weitere Zurückweisungen an den Grenzen zu beschliessen - aber nur für den Fall, dass die Verhandlungen auf europäischer Ebene scheitern. Auch diesen zweiten Vorschlag habe die Kanzlerin abgelehnt, hiess es aus CSU-Kreisen.

Nach Informationen der «Rheinischen Post» haben die CDU-Spitze und Unionsfraktionschef Volker Kauder nun Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) darum gebeten, mit der CSU-Führung in den kommenden Tagen eine Kompromisslinie auszuloten. Schäuble habe in der Flüchtlingspolitik trotz seiner Loyalität zur Kanzlerin immer wieder eine kritische Haltung eingenommen und besitze auf beiden Seiten Glaubwürdigkeit, hiess es zur Begründung. Zu einem Gespräch zwischen Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt soll es demnach erst am Montag nach den Parteigremiensitzungen kommen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Angaben aus der CDU-Führung.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verteidigte am Donnerstagabend in den ARD-«Tagesthemen» das Vorgehen der CSU. Wenn man den Satz ernst nehme, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe, brauche man eine grundlegende Veränderung - und dazu gehöre die Sicherung der Grenzen. Es gehe dabei nicht um Eitelkeiten, sondern darum, «was richtig ist». Zu einem möglichen Bruch der Koalition sagte Söder: «Wir wollen auf keinen Fall riskieren, Glaubwürdigkeit zu verlieren.»

Asylstreit in der Groko

Seit Tagen streiten CDU und CSU darüber, ob auch Asylbewerber ohne Papiere und solche, die bereits in anderen EU-Ländern als Asylbewerber registriert sind, nicht mehr über deutsche Grenzen gelangen dürfen. Die CSU will diese künftig zurückweisen - Merkel lehnt dies ab. Lediglich bei der Zurückweisung von Personen, deren Asylantrag in Deutschland bereits abgelehnt wurde, signalisierte das CDU-Präsidium am Donnerstag Kompromissbereitschaft: Diese sollen bei einem zweiten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden. Das betrifft allerdings ohnehin nur sehr wenige Menschen.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) warnt davor, an der Grenze Schutzsuchende abzuweisen, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind. «Deutschland ist verpflichtet, bei Schutzsuchenden, die an der Grenze um Asyl nachsuchen, zu prüfen, welches Land zuständig ist. Jedenfalls für die Dauer dieser Prüfung muss die betreffende Person auch bleiben dürfen», sagte der Leiter des UNHCR in Deutschland, Dominik Bartsch, der Zeitung «Welt».

Am heutigen Freitag steht das Thema Flüchtlinge auch im deutschen Bundestag auf dem Programm. Geplant ist eine Abstimmung zum Thema Familiennachzug. Ausserdem soll es eine Aktuelle Stunde zur Flüchtlingspolitik geben.

Der Koalitionspartner SPD betrachtet die Entwicklung mit Sorge. «Die Lage im Streit in der Union ist offenbar ernst», sagte die deutsche Justizministerin Katarina Barley der «Augsburger Allgemeinen». Sie warnte vor einer schweren Koalitionskrise und betonte, dass ihre Partei nicht über die mit der Union vereinbarten Punkte hinausgehen werde. «Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag müssen eingehalten werden,» betonte sie. (SDA)

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