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Russland: Mariupol ist eingenommen - Ringtausch für Waffenlieferung

Russland hat die seit fast zwei Monaten umkämpfte ukrainische Hafenstadt Mariupol nach eigenen Angaben vollständig eingenommen. Das teilte Verteidigungsminister Sergej Schoigu bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin mit.
Publiziert: 21.04.2022 um 16:06 Uhr
dpatopbilder - Die Hafenstadt Mariupol ist seit Wochen hart umkämpft. Nach Angaben Russlands ist diese nun unter ihrer Kontrolle. Foto: Alexei Alexandrov/AP/dpa
Foto: Alexei Alexandrov

Das Stahlwerk der Fabrik Azovstal, in dem ukrainische Soldaten und Zivilisten ausharren, soll nun nicht mehr gestürmt, sondern hermetisch abgeriegelt werden. Mit der Entwicklung in Mariupol wächst der Druck auf Deutschland, schwere Waffen zur Verteidigung der Ukraine zu liefern. Die deutsche Regierung bereitet nun einen Ringtausch für Waffen vor.

Russlands Präsident Putin zeigte sich am Donnerstag im Staatsfernsehen bei dem Treffen mit Schoigu. Der Befehl, das Stahlwerk Azovstal zu stürmen, werde zurückgenommen, so Putin. «Blockiert diese Industriezone so, dass nicht einmal eine Fliege rauskommt.» Die ukrainischen Kämpfer sollten die Waffen niederlegen, dann würden sie mit dem Leben davonkommen. Putin sprach von einem Erfolg und einer «Befreiung Mariupols».

Die südostukrainische Hafenstadt war schon kurz nach Beginn des von Putin am 24. Februar befohlenen Angriffskrieges gegen die Ukraine von russischen Truppen eingekreist worden. Mariupol hatte vor dem Krieg mehr als 400 000 Einwohner, nun sind es noch etwa 100 000. Es wurde bei den Gefechten weitgehend zerstört. Mehrere Versuche einer geordneten Evakuierung von Zivilisten schlugen fehl.

Die ukrainische Regierung forderte von Russland für das Stahlwerk nahe der Stadt die Einrichtung eines humanitären Korridors. «Dort befinden sich gerade etwa 1000 Zivilisten und 500 verwundete Soldaten. Sie müssen alle heute aus Azovstal herausgeholt werden!», schrieb Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Donnerstag im Nachrichtenkanal Telegram. Sie rief «die Welt» dazu auf, alle Anstrengungen auf das Stahlwerk zu konzentrieren. «Das ist jetzt der Schlüsselpunkt und der Schlüsselmoment für die humanitären Bemühungen.»

Weitere Eroberungen durch Russland

Russische Truppen stossen in der Ukraine derweil weiter vor, die befürchtete Grossoffensive im Osten könnte jedoch erst noch bevorstehen. Entlang der gesamten Front in den Gebieten Donezk, Luhansk und Charkiw griffen die Russen zwar seit Dienstag an, sagte der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, in einem Radio-Interview. Es handele sich aber wahrscheinlich erst um «Probeangriffe». Der Grossteil von Luhansk ist allerdings nach ukrainischen Angaben bereits unter russischer Kontrolle.

Die russischen Streitkräfte nahmen nach eigenen Angaben auch die Kleinstadt Kreminna im Osten der Ukraine ein, die zuvor von der ukrainischen Armee in eine Befestigungsanlage verwandelt worden war.

Im Kiewer Vorort Borodjanka wurden nach ukrainischen Angaben zwei Gräber mit insgesamt neun Leichen entdeckt. Es handele sich um Zivilisten, Männer wie Frauen, teilte Andrij Njebytow von der Polizei der Hauptstadtregion auf Facebook mit. Einige von ihnen wiesen Folterspuren auf.

Nach Tagen eindringlichen Bittens um mehr Waffen sieht der ukrainische Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mehr Verständnis bei Partnerländern der Ukraine aufkommen. Er könne mit «vorsichtigem Optimismus» sagen, dass die Partner Kiews «sich unserer Bedürfnisse bewusster geworden sind», sagte er in einer Videobotschaft in der Nacht zum Donnerstag.

Forderung nach mehr Waffen aus Deutschland

Die Ukraine fordert von der deutschen Regierung Waffen wie Luftabwehrsysteme, Kampf- und Schützenpanzer sowie schwere Artillerie, um der erwarteten russischen Offensive in der Ostukraine standhalten zu können. Vor allem Kanzler Olaf Scholz, wird Zögerlichkeit in dieser Frage vorgeworfen.

Die deutsche Regierung bereitet nun einen Ringtausch für die Lieferung schwerer Waffen vor. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Donnerstag soll dabei der Nato-Partner Slowenien eine grössere Stückzahl seiner Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und aus Deutschland dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten. Slowenien nutzt noch eine jugoslawische Variante des Kampfpanzers T-72 unter der Bezeichnung M-84.

Das noch aus der Sowjetzeit stammende Waffensystem T-72 wird vom ukrainischen Heer bereits eingesetzt und erfordert keine umfangreiche Zusatzausbildung. Nach Informationen der dpa aus Regierungskreisen hat Slowenien als Kompensation auch moderneres Gerät aus Deutschland angefordert, darunter den deutschen Kampfpanzer Leopard 2, den Radpanzer Boxer sowie den Schützenpanzer Puma, der in der Bundeswehr als Nachfolger des seit 50 Jahren genutzten Marder eingeführt wird.

Panzer fehlen auf Waffenliste

Die deutsche Regierung hat der ukrainischen Regierung Ende März eine Liste mit 210 Angeboten für Rüstungslieferungen der deutschen Industrie im Gesamtwert von 307 Millionen Euro vorgelegt. Darauf finden sich Panzerabwehrwaffen, Granaten, Drohnen, Schutzausrüstung und Munition. Die schwersten dort aufgeführten Waffen sind 12 Mörser mit einem Kaliber von 120 Millimeter. Panzer, schwere Artilleriegeschütze, Kampfhubschrauber oder Kampfflugzeuge sind darauf nicht zu finden.

(SDA)

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