In seiner Predigt vor der Bundesversammlung in der katholischen Kathedrale St. Hedwig wünschte Prälat Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem künftigen Bundespräsidenten «den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit». Er erinnerte zugleich daran, dass auch ein Staatsoberhaupt ein Mensch mit Stärken und Schwächen bleibe.
Die Wahl durch die Bundesversammlung sollte am Mittag erfolgen. Die weiteren Bewerber neben dem ehemaligen Aussenminister Steinmeier - gemeinsamer Kandidat von CDU, CSU und SPD - galten als chancenlos. Die Wahlleute der grossen Koalition haben eine satte Mehrheit in der Bundesversammlung. Zudem kann Steinmeier auf Stimmen der FDP und Grünen zählen.
Der 77-jährige Gauck kandidiert nach fünf Jahren nicht wieder. Er bleibt noch bis zum 18. März im Amt.
Steinmeier wurde 1956 als Sohn eines Tischlers im nordrhein-westfälischen Detmold geboren. Unter Gerhard Schröder war er von 1999 bis 2005 Chef des Kanzleramts. In dieser Zeit wirkte Steinmeier massgeblich an den Hartz-Reformen mit, was ihm die Linkspartei vorhält.
In Merkels erster grosser Koalition wurde er 2005 Aussenminister und 2007 auch Vizekanzler. Bei der Bundestagswahl 2009 zog er schliesslich als SPD-Kanzlerkandidat ins Rennen. Die SPD stürzte jedoch auf 23 Prozent ab - ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949.
Während der folgenden schwarz-gelben Regierungszeit fungierte Steinmeier bis 2013 als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag. In der Neuauflage der schwarz-roten Regierung wurde er 2013 erneut Aussenminister. Seit langem führt er die Liste der beliebtesten Politiker in Deutschland an.