Dem deutschen Botschafter in Moskau sei am Montag ein Protestschreiben gegen die unfreundliche Politik Berlins und gegen die Ausweisung von 40 russischen Diplomaten Anfang April übergeben worden, teilte das Aussenministerium in Moskau mit. Die Zahl entspricht nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA etwa einem Drittel des deutschen diplomatischen Korps in Russland.
Die Reaktion wurde von der deutschen Seite schon seit Wochen erwartet. Berlin hatte zuvor 40 russische Diplomaten, die in Deutschland als mutmassliche Spione tätig gewesen sein sollen, zu «unerwünschten Personen» erklärt. Das bedeutet, dass die Betroffenen und ihre Familien ihr Gastland verlassen müssen.
In Russland dürften insgesamt weit mehr als 100 Deutsche von der Entscheidung des Ministeriums betroffen sein, weil auch die Angehörigen der Diplomaten das Land verlassen müssen. Es wird erwartet, dass die Dienstleistungen der deutschen Vertretungen, darunter auch Konsulate ausserhalb der Hauptstadt Moskau, deutlich eingeschränkt werden müssen. Die deutsche Botschaft ist die grösste unter den Vertretungen der EU-Staaten in Moskau.
Nach einer Mitteilung des russischen Aussenministeriums wurde dem deutschen Botschafter Géza Andreas von Geyr auch entschiedener Protest gegen die Äusserungen von Bundesaussenministerin Annalena Baerbock übergeben. Baerbock hatte Anfang April entschieden, «eine erhebliche Zahl von Angehörigen der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen zu erklären, die hier in Deutschland jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gearbeitet haben».
Die Arbeit der betroffenen russischen Diplomaten «ist eine Bedrohung für diejenigen, die bei uns Schutz suchen», erklärte Baerbock zur Begründung für die Ausweisung. Die Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Maria Sacharowa, kündigte danach an: «Wir werden auch auf diesen böswilligen Akt der deutschen politischen Maschine antworten.» Immer wieder reagiert Russland in solchen Fällen mit der Ausweisung einer ähnlich hohen Zahl an Diplomaten. In den vergangenen Wochen wies Russland bereits Dutzende Diplomaten aus europäischen Staaten aus.
Deutschland hatte die russischen Diplomaten ausgewiesen, nachdem in der Ukraine nach dem Abzug russischer Truppen aus dem Kiewer Vorort Butscha Hunderte Leichen gefunden worden waren. Baerbock sagte zu den Gräueltaten, diese Bilder «zeugen von einer unglaublichen Brutalität der russischen Führung» und derer, die ihrer Propaganda folgten, «von einem Vernichtungswillen, der über alle Grenzen hinweggeht».
Die Bundesregierung hatte zuletzt mehrfach russische Diplomaten als Sanktion ausgewiesen. Im Dezember hatte sie als Konsequenz aus einem Berliner Mordurteil gegen einen Russen zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft zu «unerwünschten Personen» erklärt.
(SDA)