Gegenkandidaten gab es bei der Wahl am Samstag keine. Kipping kam auf ein Ergebnis von 74 Prozent, etwas weniger als bei der Wahl vor zwei Jahren. Riexinger schnitt mit 78,5 Prozent sogar deutlich schlechter ab als beim vorigen Mal. Damals hatte er noch knapp 90 Prozent bekommen. Das Ost-West-Duo steht bereits seit 2012 an der Spitze der Linken, aktuell der grössten Oppositionspartei im Bundestag.
Beide hatten vor der Wahl einen grundlegenden Politikwechsel verlangt. Kipping verband dies mit scharfen Attacken gegen die SPD, die sie als «fleischgewordenen Opportunismus» bezeichnete.
In den Umfragen liegt die Linkspartei derzeit bei acht bis zehn Prozent. Für eine rot-rot-grüne Koalition, über die immer mal wieder spekuliert wird, gäbe es bundesweit keine Mehrheit.
Angesichts der jüngsten Wahlerfolge der AfD warnte die Linke vor einem «Rechtsruck». In einem Leitantrag, der mit grosser Mehrheit verabschiedet wurde, heisst es, in Deutschland sei ein «völkischer Mob» auf dem Vormarsch. Der grossen Koalition werfen die Linken vor, das mit falscher Politik befördert zu haben. Massive Kritik gab es auch am Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei.
Kipping warf SPD-Chef Sigmar Gabriel eine schwankende «Politik nach Windbeutelart» vor. Den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer bezeichnete sie wegen seiner Haltung in der Flüchtlingspolitik als «Grenzfetischisten».
Riexinger warb für einen Bruch mit der Politik der vergangenen Jahre. Vom Parteitag solle ein Signal des Aufbruchs ausgehen. «Die Linke unterscheidet sich von allen Parteien dadurch, dass wir die Frage der Umverteilung des Reichtums in den Mittelpunkt stellen», sagte er.
Der grossen Koalition warf er eine Politik der sozialen Ungerechtigkeit vor. So tue Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts gegen Altersarmut. Er forderte eine «sanktionsfreie Mindestsicherung» von 1050 Euro für jeden Bürger.
Die beiden Parteichefs übten auch Selbstkritik. Riexinger bezeichnete die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen als «schwere Niederlage». Die Linke hatte dabei massiv Wähler verloren, auch an die AfD.
Kipping forderte ihre Partei auf, «widerständiger und frecher» zu werden. Beispielsweise sei die Linke bei den Protesten gegen das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP bislang «zu zaghaft».
Der ehemalige Fraktionschef Gregor Gysi hatte seiner Partei diese Woche vorgeworfen, «saft- und kraftlos» geworden zu sein. Auf die Reise nach Magdeburg verzichtete er dann. Begründet wurde dies damit, dass er nicht genügend Redezeit versprochen bekommen habe.
Überschattet wurde das Treffen von einer Torten-Attacke auf die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Ein junger Mann drückte ihr aus nächster Nähe eine braune Cremetorte mitten ins Gesicht. Wagenknecht, die in der ersten Reihe sass, konnte sich überhaupt nicht wehren. Verletzt wurde sie nicht.
Die Torten-Attacke wurde von einer selbst ernannten «Antifaschistischen Initiative» mit Wagenknechts Kurs in der Flüchtlingspolitik begründet. Der Mann wurde nach einer Vernehmung von der Polizei wieder auf freien Fuss gesetzt. Gegen ihn wird nun wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung ermittelt. Wagenknecht sprach von einer «saudämlichen Aktion».