Ministerpräsidentin Hannelore Kraft trat am Sonntag umgehend von allen Parteiämtern zurück. «Wir haben eine krachende Niederlage hinnehmen müssen», gestand auch SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz ein.
Die CDU sieht sich im Aufwind für die Bundestagswahl im Herbst. Die Grünen flogen aus der Regierung, schafften aber den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag. Die Linke scheiterte dagegen knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Der AfD gelang zum 13. Mal in Folge der Einzug in ein Landesparlament.
Nach dem vorläufigen Ergebnis kommt die SPD auf 31,2 (2012: 39,1) Prozent. Das ist das schlechteste Ergebnis seit 1947. Die CDU unter Spitzenkandidat Armin Laschet legte auf 33,0 (26,3) Prozent zu. Die mit der SPD regierenden Grünen kamen nur noch auf 6,4 (11,3) Prozent. Die FDP verbesserte sich auf 12,6 (8,6) Prozent. Die AfD kam aus dem Stand auf 7,4 Prozent. Die Linke schaffte es wie 2012 nicht in den Landtag. Sie erhielt 4,9 (2,5) Prozent. Mit 65,2 Prozent war die Wahlbeteiligung höher als 2012, als 59,6 Prozent der Wähler zu den Urnen schritten.
Damit verfügt die CDU im neuen Düsseldorfer Landtag über 72 Sitze, die SPD erhält 69 Mandate. Die Grünen stellen 14 Abgeordnete, die FDP 28, die AfD 16. Damit hätte eine schwarz-gelbe Koalition die hauchdünne Mehrheit von einer Stimme.
Mit der NRW-Wahl steht es im Superwahljahr 0:3 gegen Schulz, der im Januar ins Amt kam. Unter seiner Führung hatte die SPD schon im Saarland und in Schleswig-Holstein markante Verluste eingefahren. «Ich bin kein Zauberer», sagte Schulz: «Ich bin heute Abend richtig getroffen, wir haben jetzt drei Landtagswahlen am Hacken, die wir nicht geschafft haben.»
Es blieben aber noch gut vier Monate bis zur Bundestagswahl am 24. September. Er habe sich vorgenommen, konkreter zu sagen, wofür er stehe. Schulz hatte nach dem Debakel in NRW eingestanden, die Bürger wollten, dass er nicht nur über soziale Gerechtigkeit rede, sondern die Zukunftsperspektiven der Bundespolitik präziser beschreibe. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte, die SPD müsse prüfen, ob sie das Thema Gerechtigkeit richtig kommuniziert habe.
Bei der CDU herrschte Begeisterung über die siegreiche Aufholjagd gegen die lange Zeit in den Umfragen führende SPD. «Der Schulz-Zug ist ohne Power», sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier. CDU-Generalsekretär Peter Tauber jubelte: «Die CDU hat die Herzkammer der SPD erobert. Das ist ein toller Tag für die CDU.»
Laschet liess offen, mit wem er koalieren will: «Ich habe immer gesagt, wir wollen mit allen Demokraten reden.» In den Gesprächen wolle er dann feststellen, «wo es die grössten Gemeinsamkeiten gibt». Neben einer Koalition mit der FDP wäre auch eine grosse Koalition möglich. Dreierkonstellationen von CDU oder SPD mit Grünen und FDP waren vorher ausgeschlossen worden.
Kraft hatte seit Juli 2010 mit den Grünen regiert, zuerst in einer Minderheitsregierung, dann mit einer eigenen Mehrheit nach der Wahl 2012. Sie übernehme persönlich die Verantwortung, sagte Kraft: «Damit die NRW-SPD eine Chance auf einen Neuanfang hat.»
Für die FDP hat sich mit der Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland der Trend nach Worten von Parteichef Christian Lindner in Positive gedreht: «Das Signal jetzt ist: Mit einem Comeback der FDP im Bund ist zu rechnen», sagte er: «Wir haben uns unseren Fehlern gestellt, wir haben uns erneuert.» Zugleich trat er dem Eindruck entgegen, bei einer schwarz-gelben Mehrheit sei eine CDU/FDP-Regierung ausgemachte Sache: «Ich bin nämlich nicht der Wunschkoalitionspartner von Herrn Laschet und er nicht meiner.» Die CDU habe Wahlkampf gegen die FDP geführt.
Die AfD-Spitzenkandidatin für den Bund, Alice Weidel, sprach von einem sensationellen Ergebnis für ihre Partei, der es gelungen sei, aus dem Stand in den Landtag einzuziehen. Parteichefin Frauke Petry sagte: «Wir haben hier viel Zustimmung für einen realpolitischen Kurs.»
Der ARD-Wahlanalyse zufolge spielten für die Wähler vor allem landespolitische Themen eine Rolle. 29 Prozent nannten die Schulpolitik als wichtigstes Thema der Wahl, 22 Prozent nannten die politische Weltlage, 15 Prozent die innere Sicherheit in NRW.
Die SPD verlor Stimmen an alle anderen Parteien, alleine 340'000 an die CDU. Die CDU hat von den Nichtwählern zudem die meisten Stimmen zurückgeholt. Krafts Regierung hatten die Wähler im Vorfeld ein durchwachsenes Zeugnis ausgestellt. So hatten zwei Drittel angegeben, unzufrieden mit der Kriminalitätsbekämpfung zu sein. Am Ende hatte auch Krafts Popularität gelitten.