Deutschland kann mit den grossen Energiekonzernen einen milliardenschweren Pakt zur Entsorgung der atomaren Altlasten abschliessen. Das Parlament billigte am Donnerstag einen von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Grünen gemeinsam eingebrachten Gesetzentwurf zur Finanzierung der Folgelasten der Atomenergie und der Endlagerung des Atommülls.
Der Bundesrat (Länderkammer) soll am Freitag abstimmen. Auch dort wird mit einer breiten Mehrheit gerechnet. Der Entsorgungspakt sieht vor, dass der Staat den Konzernen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls abnimmt.
Dafür sollen die Stromkonzerne bis zum Jahr 2022 rund 23,55 Milliarden Euro bar - einschliesslich eines Risikoaufschlags - an einen staatlichen Fonds überweisen, der die Zwischen- und Endlagerung des Strahlenmülls managen soll. Dieses Endlager in Deutschland muss aber noch gefunden werden.
Die Unternehmen wiederum sind für Stilllegung, Abriss und Verpackung des Atommülls zuständig. Allein hier rechnen Experten mit Kosten von bis zu 60 Milliarden Euro.
Deutschland hatte nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 einen schnellen Atomausstieg beschlossen. Das letzte von derzeit noch acht Atomkraftwerken soll im Jahr 2022 vom Netz gehen.
Die Versorger haben im Zuge der Energiewende mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Grundlage für den Pakt war ein Vorschlag einer überparteilichen Expertenkommission. Gesichert wird daneben per Gesetz auch eine langfristige Konzernhaftung, damit sich Unternehmen nicht durch Umstrukturierungen davonstehlen können.
Christdemokraten, Sozialdemokraten und Grüne argumentieren, mit der im breiten gesellschaftlichen Konsens erarbeiteten Lösung werde Geld der angeschlagenen Energiekonzerne gesichert. Eine Altlasten-Entsorgung sei so auch im Fall einer Pleite ermöglicht.
Aus Sicht der Linken dagegen werden die Konzerne mit einem «goldenen Handschlag» aus der Verantwortung entlassen. Sie könnten sich für einen skandalösen «Schnäppchenpreis» freikaufen. Die Kosten für die Endlagerung seien nicht absehbar und ein hohes Risiko für die Steuerzahler.
Noch anhängig ist der Streit um eine Brennelemente-Steuer, die Ende 2016 ohnehin ausläuft. Zudem hat der schwedische Staatskonzern Vattenfall vor einem Schiedsgericht in den USA auf 4,7 Milliarden Euro Entschädigung geklagt. Nach Darstellung der Grünen würden sich die Konzerne bei einem Erfolg ihrer restlichen Klagen etwa die Hälfte ihrer Fondseinzahlungen wieder zurückholen.
Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte, die Forderung an die Konzerne, auch die letzten Klagen fallen zu lassen, sei richtig und nachvollziehbar. Dies sei von der Bundesregierung aber nur schwer herbeizuführen.