Deutschland
Deutsche Parteien nehmen Sondierungen für Jamaika-Bündnis auf

Berlin – Dreieinhalb Wochen nach der deutschen Bundestagswahl haben die Unionsparteien CDU/CSU, FDP und Grüne mit Sondierungen für eine sogenannte Jamaika-Koalition begonnen. Es werden schwierige Gespräche - nicht nur, weil man im Wahlkampf aufeinander eingedroschen hatte.
Publiziert: 18.10.2017 um 13:21 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:11 Uhr
Jetzt geht's los: Wochenlang wurde übereinander, nun wird miteinander geredet. Die Parteispitze von CDU, CSU und FDP führen heute ihr erstes Sondierungsgespräch; weitere - auch mit den Grünen - sollen folgen.
Foto: KEYSTONE/AP dpa/MICHAEL KAPPELER

Am Mittwochmittag kamen zunächst die Spitzen von Christdemokraten, bayerischen Christsozialen und FDP in Berlin zusammen. Am Nachmittag sprechen CDU und CSU mit einer Grünen-Delegation. Am Donnerstag treffen sich FDP und Grüne. Am Freitagnachmittag beginnen dann die Gespräche erstmals in grosser Runde.

Allgemein gehen alle vier Parteien von schwierigen Gesprächen und Verhandlungen zu dieser bisher einmaligen Konstellation aus. CSU-Chef Horst Seehofer sagte vor Beginn der Sondierungen, man werde grosse Konzentration und Anstrengung brauchen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Er hoffe, dass noch vor Weihnachten ein Koalitionsvertrag stehe. Mit Sicherheit sagen könne man das aber nicht.

Zunächst gehe es um Standortbestimmungen der einzelnen Parteien sowie um deren vorrangigen Projekte, sagte der bayerische Ministerpräsident. Zu den zahlreichen roten Linien, die die Gesprächspartner vorher gezogen hatten, sagte Seehofer, er habe in der Politik schon viele rote Linien erlebt, die dann eingerollt würden, wenn es konkret werde.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte vor Beginn: «Wenn man auf die Reise nach Jamaika geht, kann man auch in stürmische See kommen.» Jetzt müsse man schauen, ob es Unwetterwarnungen gebe. «Es wird ein langer Weg.»

Zurzeit sei die See allerdings ziemlich ruhig. Man komme aus einer Zeit des Wahlkampfes, wo eher Unterschiede herausgestellt würden. Jetzt müsse ausgelotet werden, wie stark die Unterschiede wirklich seien.

CDU, CSU und FDP hätten deutlich mehr gemeinsam als mit den Grünen. Daher werde es jetzt sehr darauf ankommen, welche Signale die Grünen aussendeten, sagte Dobrindt.

«Man darf sich nichts vormachen: Es werden sehr anstrengende Gespräche», sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Trotz grosser Unterschiede könnten die Partner aber Gutes auf den Weg bringen, so Tauber.

Spitzenvertreter der Grünen mahnten zur Einigkeit. Grünen-Chef Cem Özdemir plädierte in der «Passauer Neuen Presse» für Gespräche ohne Vorbedingungen. «Alle Parteien sollten jetzt von den Bäumen wieder runterkommen, damit wir vernünftig auf Augenhöhe verhandeln können.»

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem Sender n-tv, für seine Partei sei etwa der Kohleausstieg von grosser Bedeutung. Ausserdem wollten die Grünen den Familiennachzug aus Integrations- und humanen Gründen. Ziel müsse eine gute Regierung sein, damit es nicht wieder vier Jahre eine «Stillstandskoalition» gebe.

Auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer pochte auf einen Politikwechsel. «Wir wollen nicht nur gelbe Schleife auf einer Weiter-so-Politik sein», sagte sie dem NDR. Die Chancen auf eine Einigung sehe sie bei 50 zu 50. Bei den Verhandlungen gehe «Gründlichkeit vor Schnelligkeit».

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