Deutschland
Deutsche Grüne kämpfen im Wahlendspurt um Platz drei

Berlin – Den Kampf um Platz drei im Parlament geben die Grünen noch nicht auf - trotz anhaltend schwacher Umfragewerte. Auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl verschärft die Partei den Ton gegenüber der FDP und will auch bei den SPD-Wechselwähler gewinnen.
Publiziert: 17.09.2017 um 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:01 Uhr
Die grüne Fraktionscheffin Katrin Göring-Eckardt will auch in Berlin an die Macht - und warnt vor weiteren vier Jahren des «Aussitzens und Stillstands».
Foto: KEYSTONE/EPA/SASCHA STEINBACH

Das grüne Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir warb bei einem Parteitag am Sonntag in Berlin für eine «Richtungsentscheidung». Göring-Eckardt rief die Delegierten auf, noch einmal alles zu geben.

«Sieben Tage vor dem 24. September ist noch nichts entschieden», sagte die Fraktionschefin im Bundestag. «Bei dieser Wahl geht es darum, dass wir umsteuern.»

Sie warnte vor weiteren vier Jahren des «Aussitzens und Stillstands» unter einer grossen Koalition sowie Rückschritten durch Schwarz-Gelb. Es gehe darum, den Mut zu haben, auch in Berlin das Land mitzugestalten. Die Grünen sind an zehn Bundeslandsregierungen beteiligt.

Zeitgleich mit den Grünen läutete die FDP in Berlin nur wenige Kilometer entfernt den Wahlkampf-Endspurt ein. Göring-Eckardt warf den Liberalen Realitätsverweigerung sowie Rückschritte in der Sozial-, Klima- und Aussenpolitik vor. Schwarz-Gelb sei eine Gefahr für den Fortschritt.

FDP und Grüne liegen in den Umfragen etwa gleichauf - die Liberalen haben im Kampf um Platz drei aber die Nase leicht vorn. Die FDP bewegte sich zuletzt in Umfragen zwischen 8 und 10 Prozent, die Grünen zwischen 6 und 9 Prozent.

Das würde weder für ein schwarz-gelbes Bündnis aus Union und FDP reichen noch für eine Koalition von Union und Grünen. Einzige Regierungsoption für FDP und Grüne ist ein «Jamaika»-Bündnis mit der Union. Göring-Eckardt stimmte die Parteibasis schon jetzt auf «verdammt schwierige Gespräche» und Koalitionsverhandlungen nach der Wahl ein.

Göring-Eckardt wandte sich in ihrer Rede auch direkt an potenzielle Wechselwähler der SPD. Sie warf SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vor, sich als Vize in einer grossen Koalition anzudienen: «Wo ist eigentlich die stolze SPD?»

Die SPD betreibe «Politikdumping». Dies hätten die Wähler und insbesondere die SPD-Wähler nicht verdient, sagte Göring-Eckardt in ihrer mit langem Beifall und stehenden Ovationen bedachten Rede. Nach der Wahlschlappe von 2013 mit 8,4 Prozent wollen die Grünen zweistellig in den Bundestag einziehen. ​

Die Linke und die rechtspopulistische AfD liegen aktuell vor FDP und Grünen. Göring-Eckardt warnte vor einem Einzug der AfD in den Bundestag. Deren Politiker seien nichts anderes als Rechtsextremisten: «Wer der AfD richtig eins reingeben will, muss Bündnis90/Grüne wählen.»

Parteichef und Spitzenkandidat Özdemir hatte zuvor gesagt, der 24. September entscheide «über das Gesicht» Deutschlands: «Es geht darum, unser freiheitliches Land gegen den drohenden Rechtsruck in Deutschland zu verteidigen», sagte er. Er nannte es unerträglich, «wie AfD-Leute offen mit der rechtsextremen Szene sympathisieren».

Die Grünen stünden klar gegen Rechtspopulismus, Rassismus und jegliche Ausgrenzung: «Bei der Integration haben wir grosse Aufgaben vor uns: Grundlage dafür sind die freiheitlichen Werte unseres Grundgesetzes.»

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