Deutschland – Armenien
Türkei ruft nach Armenien-Resolution Botschafter aus Berlin zurück

Berlin – Die Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern durch den Bundestag wird laut dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan «ernste» Folgen für die Beziehungen der beiden Länder haben. Als ersten Schritt rufe die Türkei ihren Botschafter aus Berlin zurück.
Publiziert: 02.06.2016 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:11 Uhr

Das sagte Erdogan am Donnerstag nach Medienberichten während eines Besuches in Kenia. Nach seiner Rückkehr in die Türkei werde über weitere Schritte beraten. Die türkische Regierung zitierte zudem den Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Ankara ins Aussenministerium.

In einer Rede in der türkischen Hauptstadt sprach Ministerpräsident Binali Yildirim von einer «rassistischen armenischen Lobby», die für die Entscheidung des Bundestages verantwortlich sei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen betonte die engen Verbindungen zwischen Deutschland und der Türkei. Auch wenn man in einer Frage unterschiedlicher Meinung sei, so seien doch die freundschaftlichen und strategischen Beziehungen gut, sagte die Kanzlerin am Donnerstag in Berlin. Die Bundesregierung wolle den Dialog zwischen der Türkei und Armenien fördern.

Der Bundestag hatte am Mittag die seit Wochen diskutierte Armenien-Resolution nahezu einstimmig beschlossen. In der von CDU/CSU, SPD und Grünen getragenen Erklärung wird die Ermordung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern während des Ersten Weltkrieges als Völkermord bezeichnet.

Den Ton der Debatte setzte Bundestagspräsident Norbert Lammert, der die Türkei zur Auseinandersetzung mit dem Massenmord aufrief. Die heutige Regierung in Ankara sei nicht verantwortlich für die Ereignisse, sagte der CDU-Politiker. «Aber sie ist mitverantwortlich für das, was in Zukunft daraus wird.» Der Bundestag werde unbequemen Fragen nicht aus dem Weg gehen, sagte Lammert. «Zumal dann, wenn das Deutsche Reich selbst Mitschuld auf sich geladen hat.»

Die offizielle türkische Geschichtsschreibung sieht die Türken als Opfer radikaler Armenier. Im Ersten Weltkrieg seien die christlichen Armenier, die als osmanische Soldaten gekämpft hätten, zum Feind – den Russen – übergelaufen. Hinter der Front hätten sie Massaker an den türkischen Zivilisten – auch Frauen, Kindern und älteren Menschen – verübt. In türkischen Geschichtsbüchern ist im Zusammenhang mit den Armenier-Massakern bis heute von «Kollateralschäden» im Krieg die Rede.

Armenien begrüsste die Bundestags-Resolution. Deutschland und Österreich als ehemalige Verbündete des Osmanischen Reiches hätten ihren Teil der Verantwortung am Völkermord an den Armeniern anerkannt, sagte Aussenminister Edward Nalbandian. Dagegen leugne die Türkei weiterhin «hartnäckig die unbestreitbare Tatsache des Genozids durch das Osmanische Reich».

Ungeachtet deutlicher Warnungen der türkischen Regierung hatte der Bundestag die seit Wochen diskutierte Armenien-Resolution nahezu einstimmig verabschiedet. Nur ein Abgeordneter des Parlaments stimmte gegen die Entschliessung, ein weiterer enthielt sich.

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