«Ich habe dafür plädiert, dass man die Gespräche mit den Menschen, die Probleme haben, offen führen sollte», sagte sie nach einem Treffen mit Äthiopiens Ministerpräsidenten Hailemariam Desalegn am Dienstag in Addis Abeba.
Merkel mahnte zudem mehr Demokratie und in dem afrikanischen Land an. Desalegn hatte am Sonntag den Ausnahmezustand verhängt. Bei Protesten in verschiedenen Landesteilen waren in den vergangenen Monaten hunderte Menschen getötet worden.
Die beiden grössten Volksgruppen der Oromo und Amhara fühlen sich von der Regierung diskriminiert. Die Proteste waren meist gewaltsam niedergeschlagen worden.
Eine lebendige Zivilgesellschaft gehöre zu einer sich entwickelnden Gesellschaft, sagte Merkel. Oppositionelle müssten gehört und in die Gesellschaft integriert werden, nötig sei auch eine freie Medienlandschaft. «Aus dem Widerstreit der Argumente, das ist die demokratische Erfahrung, entstehen oft sehr gute und tragfähige Lösungen», fügte die Kanzlerin hinzu.
Merkel bot eine Zusammenarbeit des deutschen Innenministeriums mit dem äthiopischen Innenministerium an, um einen angemessenen Umgang der Polizei mit Demonstrationen und Protesten zu vermitteln. Das solle dafür sorgen, dass die Angemessenheit des Vorgehens der Sicherheitskräfte gewahrt bleibe «und nicht so viele Menschen ums Leben kommen».
Desalegn räumte «grosse Probleme» etwa bei der Jugendarbeitslosigkeit ein, die von der Regierung bislang nicht erfolgreich angegangen worden seien. Dies habe zu Frust und den aktuellen Problemen geführt.
Der äthiopische Regierungschef kündigte zudem an, seine Regierung wolle das Land demokratisieren. Er nannte etwa eine Wahlrechtsreform, um die Opposition zu stärken. Derzeit gibt es im Parlament in Addis Abeba keinen einzigen oppositionellen Abgeordneten.
Das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte in den aktuellen Konflikten verteidigte er jedoch. Die Regierung könne keine Gewalt extremistischer Gruppen hinnehmen, sagte Desalegn. Wenn es unangemessene Gewalt gegeben habe, werde dies untersucht.
Bei der Übergabe eines von Deutschland finanzierten Gebäudes an die Afrikanische Union (AU) würdigte Merkel die Beteiligung der Organisation an den Gesprächen über die Zukunft Libyens als wichtigen Beitrag.
«Ich befürworte ausdrücklich, dass sich die Afrikanische Union einbringt und ihren Einfluss zur Lösung des Konfliktes geltend macht», sagte Merkel am Dienstag. Libyen sei ein trauriges Beispiel dafür, wohin der Zerfall staatlicher Strukturen führen könne.
2011 hatten die USA, Frankreich und Grossbritannien militärisch in den in Bürgerkrieg in Libyen eingegriffen und mitgeholfen, den Machthaber Muammar Gaddafi zu stürzen. Seither versinkt das Land im Chaos. Deutschland hatte sich im UNO-Sicherheitsrat damals enthalten.
Man hätte früher mehr auf den Rat der AU hören sollen, sagte Merkel auch nach einem Treffen mit Ministerpräsident Dessalegn. Die AU war damals gegen eine westliche Militärintervention gewesen.
Merkel forderte, dass unter dem Dach der UNO eine Einheitsregierung in Libyen gebildet wird, die alle Kräfte im Land beteiligen müsse. «Eine solche Regierung wäre auch unser Ansprechpartner, um die illegale Migration einzudämmen», sagte sie. Von Libyen aus sind auch in diesem Jahr Zehntausende Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer gestartet, um in die EU zu gelangen.