Deutschland
AfD überholt CDU in Mecklenburg-Vorpommern - SPD am stärksten

Schwerin/Berlin – In Mecklenburg-Vorpommern ist die CDU der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals bei einer Landtagswahl von der rechtspopulistischen AfD überholt worden. Die SPD bleibt trotz schwerer Verluste stärkste Kraft und kann weiterregieren.
Publiziert: 05.09.2016 um 03:44 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:55 Uhr
AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm feiert das Wahlergebnis seiner Partei im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern: Die rechtspopulistische Partei schaffte es auf Anhieb auf fast 21 Prozent Wähleranteil und wurde damit nach der SPD zur zweitstärksten Kraft.
Foto: KEYSTONE/AP/MICHAEL SOHN

Ausgerechnet in der politischen Heimat der Kanzlerin kassierte ihre CDU eine bittere Niederlage: Die Rechtspopulisten der Alternative für Deutschland (AfD) profitierten ein Jahr nach der Öffnung der Grenzen vom Unmut der Bürger über Merkels Flüchtlingspolitik, die im Nordosten ihren Wahlkreis hat.

Doch es gab bei der Wahl am Sonntag auch noch viele andere Verlierer: Die Grünen halbierten sich fast und scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Die rechtsextreme NPD flog ebenfalls aus dem Landtag, dem letzten, in dem sie noch sass. Auch die FDP schaffte es nicht ins Parlament. Die Linke verzeichnete ebenfalls starke Verluste.

Ministerpräsident Erwin Sellering von der SPD liess zunächst offen, mit welchem Partner er in den kommenden fünf Jahren regieren will. Die stabilste Mehrheit hätte eine erneute Koalition mit der CDU wie in den vergangenen zehn Jahren.

Möglich wäre aber auch eine Regierung mit der Linken. Rot-Rot gab es in Schwerin bereits von 1998 bis 2006. Sellering sagte, er werde nun mit den anderen Parteien reden. Gegen eine neue Koalition mit der CDU spreche nichts. Die SPD habe aber auch sehr gut mit der Linken regiert. Eine Zusammenarbeit mit der AfD hatten alle Parteien ausgeschlossen.

Nach den vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die SPD auf 30,6 Prozent der Stimmen. Zweitstärkste Kraft wurde die AfD mit 20,8 Prozent. Dahinter landeten die CDU mit 19,0, die Linke mit 13,2 und die Grünen mit 4,8 Prozent. FDP (3,0) und NPD (3,0) verpassten klar den Einzug in den Landtag.

Im Vergleich zur letzten Wahl vor fünf Jahren haben alle bislang im Landtag vertretenen Parteien Stimmenanteile verloren. Bei der SPD waren es 5,0 Prozentpunkte, bei der CDU 4,0 und bei der Linkspartei 5,2 Prozentpunkte. Die Grünen verzeichneten ein Minus von 3,9 und die NPD von 3,0 Prozentpunkten.

Das Wahlresultat ergibt folgende Sitzverteilung: SPD 26, AfD 18, CDU 16, Linke 11. Die Wahlbeteiligung lag mit 61,6 Prozent deutlich über der von 2011 (51,5).

Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl ging die Erfolgsserie der AfD weiter. Sie sitzt nun in 9 der 16 Landesparlamente. Erstmals holte sie auch Direktmandate. «Vielleicht ist das heute der Anfang vom Ende der Kanzlerschaft Angela Merkels», sagte AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber nannte das Ergebnis «bitter» und führte die Schlappe seiner Partei auf einen weit verbreiteten Unmut gegen die Flüchtlingspolitik zurück. «Es gibt einen klaren Protest an der Stelle.»

Auch der CDU-Spitzenkandidat, Innenminister Lorenz Caffier, gab der Bundes-CDU eine Mitschuld am zweitschlechtesten Landtagswahlergebnis der Union in Merkels Kanzlerschaft. «Die Verunsicherung hat man in Berlin nicht immer genügend wahrgenommen.»

Einer ZDF-Umfrage zufolge spielte das Thema Flüchtlinge eine wesentliche Rolle für die Wähler, gleich hinter der Schaffung von Arbeitsplätzen. Allerdings sind in dem Bundesland mit seinen rund 1,7 Millionen Einwohnern laut dem Schweriner Innenministerium nur knapp 23'000 Flüchtlinge registriert.

Das Institut Infratest dimap stellte fest, dass es vor allem der AfD gelang, bisherige Nichtwähler für sich zu mobilisieren. Die Linke erlebte einen rabenschwarzen Wahltag: Sie fuhr das schlechteste Ergebnis in Ostdeutschland seit 25 Jahren ein.

In zwei Wochen wird in Berlin ein neues Landesparlament gewählt. Bis zur Bundestagswahl im September kommenden Jahres gibt es mit den Wahlen im Saarland (26. März), in Schleswig-Holstein (7. Mai) und in Nordrhein-Westfalen (14. Mai) drei weitere politische Stimmungstests.

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