Damit wird die sächsische Landesvorsitzende am Jahresende laut Satzung automatisch alleinige AfD-Vorsitzende. Vor der Wahl hatte Lucke erklärt, sich nicht auf den Posten des zweiten Parteivorsitzenden bewerben zu wollen. Petry jedoch hatte noch kurz vor dem Parteitag ihre Bereitschaft zu einer Doppelspitze bekräftigt.
Die Gewählte gab sich nach ihrem Triumph versöhnlich. «Wir sind und bleiben gemeinsam die Alternative für Deutschland», sagte sie. Zahlreiche Anhänger von Lucke hatten allerdings vor der Abstimmung angekündigt, sie wollten die Partei verlassen, falls Petry die Führung übernehmen sollte.
Mit der Wahl dürfte der rechte Flügel der Partei weiter an Gewicht gewinnen, denn Petry ist die Führungsfigur des rechten, nationalkonservativen Flügels der AfD.
Lucke zeigte sich «enttäuscht» von dem Ergebnis und von der streckenweise aggressiven Stimmung im Saal. Die zerstrittenen Lager der Partei quittierten die Bewerbungsreden jeweils mit aufgebrachten Buh-Rufen und stürmischem Applaus.
Lucke sagte in seiner Bewerbungsrede mit Blick auf den erbitterten Führungs- und Richtungsstreit: «Die Sache ist uns entglitten.» Der Parteitag sei angesetzt worden, «weil wir der aufgeheizten Stimmung und den verhärteten Fronten nicht noch mehr Raum geben wollen.»
Der von ihm initiierte «Weckruf 2015» zur Stärkung der wirtschaftsliberalen Ausrichtung der Partei sei kein Versuch, die AfD zu spalten, sondern es gehe darum, «Gefahren von der Partei abzuwenden». Lucke betonte die Notwendigkeit, sich klar gegen Rechts abzugrenzen. Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus dürften in den Reihen der AfD keinen Platz haben.
Petry sagte ihrerseits in ihrer Begrüssungsrede, sie könne «in der Tat keinen Rechtsruck dieser Partei erkennen». Sie warnte zugleich unter Anspielung auf Luckes Äusserungen: «Also sollten wir ihn auch nicht herbeireden.» Es sei «unklug, diese Kampfbegriffe selbst zu benutzen».
Es sei seit der Parteigründung Anfang 2013 klar gewesen, «dass wir in die rechte Ecke geschoben werden». Sich jetzt darüber zu wundern, sei «geradezu naiv». Es gehe darum, Anfeindungen von aussen auszuhalten. Dies sei leichter, «wenn man nicht zusätzlich 'friendly fire' oder internen Angriffen ausgesetzt ist», fügte Petry an die Adresse Luckes gerichtet hinzu.
Konrad Adam, der im alten Vorstand neben Lucke und Petry der Dritte im Bunde war, erntete von den Parteimitgliedern viel Applaus für den Satz: «Als rechts gilt heute, wer einer geregelten Arbeit nachgeht, seine Kinder pünktlich zur Schule schickt und der Ansicht ist, dass sich der Unterschied von Mann und Frau mit blossem Auge erkennen lässt.»
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi äusserte die Hoffnung, dass sich die AfD «in einem atemberaubenden Tempo zerlegt». Lucke und Petry «hassen sich offenbar bis aufs Blut», sagte Fahimi der «Neuen Osnabrücker Zeitung» vom Samstag.
Trotz dieses «Chaos» dürfe aber nicht vergessen werden, dass in Essen eine «zutiefst rechtspopulistische Veranstaltung» stattfinde. «Die Rechtspopulisten in Deutschland werden nicht einfach verschwinden, wenn die AfD von der Bildfläche verschwindet», warnte Fahimi.