Damit drohen bei der Deutschen Bahn im kommenden Jahr mehrtägige Streiks mit Tausenden Zugausfällen. Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL haben per Urabstimmung den Weg für unbefristete Arbeitskämpfe freigemacht, wie GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag in Frankfurt am Main mitteilte.
97 Prozent der abstimmenden Mitglieder sprachen sich demnach dafür aus. «Insgesamt gesehen haben die Kolleginnen und Kollegen ein klares Signal gesendet», sagte Weselsky zum Ergebnis. Für unbefristete Streiks waren 75 Prozent Zustimmung nötig. Laut Weselsky lag die Wahlbeteiligung bei mehr als 70 Prozent.
Die Gewerkschaft hatte zuletzt versprochen, bis einschliesslich 7. Januar nicht zu Arbeitskämpfen aufzurufen – danach haben Weselsky und seine Mitglieder durch das Votum aber die Möglichkeit, auch tagelang die Bahn zu bestreiken. «Das, was jetzt kommt, wird kräftiger, wird länger, wird härter für die Kunden», kündigte der Gewerkschaftschef an im Vergleich zu den bisherigen Warnstreiks an.
Die GDL und die Deutsche Bahn verhandeln im aktuellen Tarifkonflikt erst seit Anfang November, haben sich dabei aber in kürzester Zeit verhakt. Bereits nach der zweiten Runde erklärte Weselsky die Verhandlungen für gescheitert und schob in der Folge die Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern an.
Ein zentraler Knackpunkt des Konflikts ist die von der GDL geforderte Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohn. Die Gewerkschaft will eine Absenkung von 38 auf 35 Stunden erreichen. Die Bahn hält das unter anderem mit Blick auf den Fachkräftemangel für unerfüllbar.
Zudem fordert die Gewerkschaft unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie. Die Bahn hat bereits unter anderem elf Prozent mehr in Aussicht gestellt – allerdings bei einer Laufzeit von 32 Monaten.
Nach einer Urabstimmung müssen Streiks prinzipiell nicht mehr zeitlich begrenzt werden. «Wir sind so verantwortungsbewusst, dass wir nicht auf ewige Zeiten streiken werden», sagte Weselsky aber kürzlich. Bei weiteren 24-Stunden-Streiks bleibe es aber eben auch nicht.
Für längere Streiks sind Urabstimmungen nötig, weil nur so gewährleistet werden kann, dass eine breite Mehrheit der Mitglieder die Strategie der Gewerkschaftsführung auch unterstützt. Für die Beschäftigten bedeutet jeder Streiktag Einnahmeverluste. Zwar gleichen Gewerkschaften den Lohn- und Gehaltsausfall aus der Streikkasse aus, aber in der Regel nicht in vollem Umfang. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben darum per Urabstimmung das Signal, dass sie zu diesem finanziellen Opfer bereit sind.
Im aktuellen Tarifkonflikt hat die Gewerkschaft bisher zweimal mit 20 beziehungsweise 24 Stunden langen Warnstreiks im Personenverkehr die meisten Züge zum Stehen gebracht. Zusammen mit den Arbeitskämpfen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG gab es damit im laufenden Jahr vier Warnstreiks auf der Schiene. (SDA)