Andrea Nahles (48), die Chefin der deutschen Sozialdemokraten, kündigt ihren Rücktritt als Partei- und Fraktionschefin an. Damit ermögliche sie es, dass in beiden Funktionen in geordneter Weise die Nachfolge geregelt werden könne, teilt Nahles am Sonntag mit.
Zur SPD-Chefin wurde Nahles am ausserordentlichen Parteitag vom 22. April 2018 gewählt. Davor hatte Martin Schulz (63) dieses Amt inne. Sie habe den Vorsitz von Partei und Fraktion in schwierigen Zeiten übernommen, schreibt Nahles in der Mitteilung. «Ob ich die nötige Unterstützung habe, wurde in den letzten Wochen wiederholt öffentlich in Zweifel gezogen», heisst es weiter.
«Notwendiger Rückhalt nicht mehr da»
Klarheit habe sie in dieser Woche bekommen: «Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist.» Am kommenden Montag werde sie deshalb zurücktreten. Zudem wird bekannt, dass Nahles ebenfalls auf ihr Bundestagsmandat verzichten möchte.
Deutsche Medien am Samstag, dass es diese Woche an den Krisensitzungen der SPD des öfteren zu Streit kam. Bei den Europawahlen war die SPD die klare Verliererin: Rund 11,5 Prozent hat die Partei eingebüsst. Nahles' Rücktritt scheint eine Konsequenz der Niederlage zu sein.
Wer wird Nahles' Nachfolger?
Als mögliche Nachfolger von Nahles an der Parteispitze wurden bisher vor allem die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil gehandelt.
Wann genau der Machtwechsel in Fraktion und Partei erfolgt, ist noch unklar. Eine Neuwahl in der Fraktion könnte schon am Dienstag erfolgen. In der Partei ist es komplizierter. Der nächste Parteitag ist für Dezember geplant. Sollte der Wechsel früher vollzogen werden, wäre dafür ein Sonderparteitag notwendig.
CDU-Führung rät zur Besonnenheit
Denkbar ist auch, dass es – wie schon in früheren Fällen – zunächst eine Übergangslösung gibt. Die «Bild»-Zeitung berichtete, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer könnte den Parteivorsitz kommissarisch übernehmen.
Welche Auswirkungen der Rücktritt Nahles' auf die grosse Koalition haben wird, ist unklar. Die CDU-Führung riet zur Besonnenheit. Alle in der CDU sollten die eigene Bereitschaft verdeutlichen, weiter dem Regierungsauftrag gerecht zu werden, hiess es am Sonntag in der CDU-Führung. Die CDU-Spitze wollte sich noch vor Beginn der Spitzenklausur am späten Nachmittag über das weitere Vorgehen beraten (szm)