Vergangene Woche verblüffte US-Präsident Donald Trump (73) selbst hartgesottene Getreue. Auf Twitter rühmte er seine eigene «grosse und unerreichte Weisheit», während er der Türkei im gleichen Satz praktisch mit wirtschaftlicher Auslöschung drohte:
Es brennt an allen Ecken und Enden, wo immer Trump sich einmischt. Er brüskiert Verbündete am Laufmeter und Minister werfen im Gleichtakt hin. Selbst Trumps Lieblingssender «Fox News» publiziert nicht mehr nur positive Umfragewerte. Es sei «nicht mehr wie früher», twitterte ein launischer Trump über seinen langjährigen Haussender.
Wenigstens ein Hoffnungsschimmer sollte vergangene Woche vom Genie zeugen, dessen sich Trump so rühmt. Nach langer Verhandlungsschlacht verkündete der US-Präsident am Freitag eine Annäherung an China im Handelsstreit. Die Finanzmärkte reagierten vorsichtig erleichtert.
Weil Kurden nicht in der Normandie halfen
Doch in der gleichen Woche hat Trump einen neuen Konflikt vom Zaun gebrochen, der einen militärischen Flächenbrand auszulösen droht. Mit den Worten «Die Kurden haben uns nicht in der Normandie geholfen» rechtfertigte Trump den Abzug von US-Soldaten aus Nordsyrien. Das stimmt so nicht. Kurden kämpften im Zweiten Weltkrieg an der Seite der roten sowjetischen Armee gegen Nazideutschland und waren damit auch Alliierte der USA. Die Entscheidung empörte denn auch eigene Getreue von Trump, wie US-Aussenminister Mike Pompeo (55), die frühere UN-Botschafterin Nikki Haley (47) oder den Trump sonst immer treu ergebenen Senatssprecher Mitch McConnell (77).
Obwohl die Kurdenmilizen massgeblich daran beteiligt waren, den IS-Terror in der Region zu besiegen, liess Trump einen wichtigen Verbündeten der USA fallen und machte damit den Weg für den von der Türkei langersehnten Einmarsch frei, um ihren Erzfeind auszulöschen.
Erdogan droht Europa mit Flüchtlingswelle
Schon wenige Tage nach dem Einmarsch sind laut Vereinten Nationen in Nordsyrien bereits 100'000 Menschen auf der Flucht. Der türkische Machthaber Recep Tayyip Erdogan (65) warnt die Europäer gar vor einer Invasion von 3,6 Millionen Flüchtlingen, sollte Europa seine Militäroffensive kritisieren.
Doch nicht, dass die Amerikaner jetzt weniger Truppen in der Region haben. Wegen des Iran-Konflikts werden 3000 weitere US-Soldaten nach Saudi-Arabien entsandt, erklärte das Pentagon am Freitag – während sich dann Trump, der den Krieg gegen die Kurden eigenhändig ermöglichte, als Vermittler zwischen der Türkei und den Kurden ins Gespräch zu bringen versuchte.
Alles Manöver, um von seinen vielen innenpolitischen Problemen abzulenken? Bei einem Wahlkampfauftritt in Minneapolis am Donnerstag pöbelte Trump lautstark gegen Hunter Biden (49), den Sohn seines demokratischen Herausforderers Joe Biden (76). «Sperrt ihn ein! Sperrt ihn ein!», rief er – wie 2016, als er seine Herausforderin Hillary Clinton (71) hinter Gitter sehen wollte.
Ukraine-Affäre lässt sich nicht wegfluchen
Pöbeln und fluchen wird Trump in der Ukraine-Krise dagegen nicht helfen. Wie die «Washington Post» berichtete, sollen mindestens vier Beamte des Nationalen Sicherheitsrats so alarmiert über Trumps Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (41) gewesen sein, dass sie möglichen Amtsmissbrauch meldeten.
Zudem wurden zwei Helfer von Trumps Vertrauensanwalt Rudy Giuliani (75) verhaftet. Sie hatten noch mit Giuliani im Washingtoner Trump-Hotel diniert und wollten mit One-Way-Tickets nach Wien fliegen, wurden aber am Donnerstag wegen Verdachts der illegalen Einflussnahme auf die Wahlen festgenommen.
Der Ukrainer Lev Parnas und der Weissrusse Igor Fruman sollen ausländisches Geld benutzt haben, um Einfluss auf US-Kandidaten für staatliche Ämter zu erlangen. Sie spendeten einem Trump-freundlichen Verein 325'000 Dollar. Die Zahlung war offenbar falsch deklariert.
Weiterer Fall von Amtsmissbrauch?
Trump bestreitet, die beiden Männer zu kennen, obwohl Fotos auch schon ihn oder seinen Sohn Donald Junior (41) an der Seite der Verdächtigen zeigten. Trump derweil verteufelt weiterhin lautstark die «Hexenjagd» gegen ihn, während letzte Woche überraschend auch US-Heimatschutzminister Kevin McAleenan (48) den Bettel hinwarf – offenbar aus Frust und fehlendem Vertrauen.
Möglich auch, dass Trump ein weiterer Fall von Amtsmissbrauch droht: Laut «Bloomberg» habe Trump schon 2017 den damaligen Aussenminister Rex Tillerson (67) gebeten, einen Deal mit der Türkei zu vermitteln.
Offenbar sollte Tillerson dem Wunsch von Erdogan nachgeben, US-Ermittlungen gegen einen türkisch-iranischen Goldhändler einzustellen. Gegen Reza Zarrab (36) wurde wegen illegaler Umgehung von US-Sanktionen gegen den Iran ermittelt. Und sein Anwalt war? Rudy Giuliani. (kes)