Es war der 9. August 2014. Polizist Darren Wilson fuhr im Streifenwagen durch die US-Kleinstadt Ferguson. Auf der Strasse sah er zwei Jugendliche und forderte sie dazu auf, auf dem Trottoir zu gehen. Einer der beiden war der 18-jährige Michael Brown. Er starb wenig später durch Schüsse aus Wilsons Dienstwaffe.
Gestern haben zwölf Geschworene ihr Urteil gefällt: Der weisse Polizist wird nicht angeklagt. Über 60 Zeugen hatte die Grand Jury im Fall angehört. Das knapp 5000-seitige Protokoll dieser Anhörungen wurde jetzt veröffentlicht.
Besonders spannend: Die Aussagen des Schützen Darren Wilson.
Der 18-Jährige habe auf seine Forderung, auf dem Trottoir zu gehen, aggressiv reagiert, sagt Wilson aus. Er habe gerufen: «Fuck – was hast du zu sagen?» In Browns Hand habe er eine Schachtel Zigarillos gesehen. Da habe es «Klick» gemacht. Ihm sei klar geworden, dass es sich bei den Jugendlichen wohl um die zuvor gemeldeten Ladendiebe handelte.
«Wie ein 5-Jähriger, der Hulk Hogan gegenübersteht»
Er habe Brown zu sich zitiert, habe aus dem Auto aussteigen wollen. Aber der 18-Jährige habe die Tür des Polizeiwagens wieder zugeschlagen und gesagt: «Was zur Hölle willst du dagegen tun?»
«Ich habe ihn aufgefordert, zurückzugehen. Aber er starrte mich nur an, als wolle er mich einschüchtern», so Wilson. Mit der Autotür habe er den Jugendlichen zurückgedrängt.
Dann habe Brown zugeschlagen. «Er hat mir mit der Faust ins Gesicht geschlagen», so Wilson. Dabei habe er sich machtlos gefühlt – wie ein 5-Jähriger, der Hulk Hogan gegenüberstehe. Es sei zum Handgemenge gekommen. Wilson beklagt mehrere Schwellungen und Kratzer. Genau kann er sich aber nicht mehr erinnern.
Als «Pussy» beschimpft
Er habe dann seine Pistole gezückt und gedroht: «Geh zurück oder ich schiesse.» Brown habe nach der Pistole gegriffen und gesagt: «Du bist zu sehr eine Pussy, als dass du mich erschiessen könntest.»
Im Handgemenge habe Wilson zweimal den Abzug gedrückt. Aber es habe nur geklickt. Erst beim dritten Mal löste sich ein Schuss.
Brown sei zurückgewichen, wie ein Dämon habe er ihn dann angestarrt und sei dann nochmals auf ihn losgegangen und habe auf ihn eingeschlagen.
Nach einem zweiten Schuss aus der Polizeiwaffe sei Brown davongerannt. «Ich sah hinter ihm nur noch eine Staubwolke.» Wilson habe dann die Verfolgung aufgenommen. «Als er stoppte, stoppte auch ich.»
Dann sei Brown auf ihn zugerannt – mit geballter Faust.
Er habe ihn mehrmals dazu aufgefordert, sich auf den Boden zu legen, so Wilson. Aber der Jugendliche sei seinen Anweisungen nicht gefolgt. «Ich habe mehrmals geschossen. Ich weiss nicht, wie viele Schüsse es waren», gibt Wilson zu Protokoll.
«Mindestens einmal habe ich getroffen»
«Ich schoss mehrmals daneben. Weiss nicht wie oft. Aber ich erinnere mich, dass ich ihn mindestens einmal getroffen habe. Ich sah seinen Körper zucken.» Aber Brown habe nicht abgelassen, sei weiter auf ihn zugerannt.
«An diesem Punkt zog ich mich zurück. Wieder sagte ich, ‹leg dich auf den Boden, leg dich auf den Boden›. Er tat es nicht. Wieder schoss ich mehrmals auf ihn», so Wilson.
«Ich kann mich nicht erinnern, wie häufig ich schoss und ob ich ihn jedes Mal traf. Mindestens einmal habe ich ihn getroffen, er zuckte wieder. Dann sah es so aus, als würde er sich aufbäumen und durch den Kugelhagel rennen, als würde es ihn wütend machen, dass ich auf ihn schoss.»
«Das Dämonische verschwand»
«Er schaute direkt durch mich hindurch, als wäre ich nicht da. Er kam auf mich zu, als würde er durch mich hindurch rennen», so Wilson.
«Als er noch rund zwei Meter von mir entfernt war, habe ich nochmals geschossen. Alles was ich sah war sein Kopf und darauf habe ich gezielt.»
«Ich weiss nicht, wie häufig ich traf, mindestens einmal, ich sah den letzten Treffer. Das Dämonische verschwand von seinem Gesicht. Die Aggressivität war weg. Die Bedrohung war gestoppt.» (mad)