Was hat der amerikanische Präsident in den vergangenen Wochen nicht alles versucht! Mit dem greisen König von Saudi-Arabien gab er den Säbeltanz. In Hamburg (D) machte er mit dem Russen Wladimir Putin auf Staatsmann. Und in Paris spielte der von Emmanuel Macron zum französischen Nationalfeiertag geladene Ehrengast den Kindergartenmacho. Zur Strafe für einen überraschend festen Händedruck am 25. Mai hielt der Wrestling-erfahrene Amerikaner – für alle gut sichtbar – die Hand des französischen Staatschefs übertrieben lange im Schraubstockgriff.
Immer tiefer im Morast des Russlandskandals
Doch all diese «grossartigen» Auftritte haben Trumps grösstes Problem nicht lösen können. Das Weisse Haus versinkt immer tiefer im Morast des Russlandskandals. Beim Aufbruch zum G-20-Gipfel nach Europa spielte der Präsident die längst bewiesenen Moskaukontakte seines Wahlkampfteams noch als irrelevant herunter. Als er zurückkam, hatte ausgerechnet sein eigener Sohn Donald Junior die peinliche Polit-Soap-Opera zu einer veritablen Staatsaffäre gemacht.
Der als nicht besonders aufgeweckt geltende Filius hat Recherchen der «New York Times» nachgeben müssen, sich mitten im Wahlkampf mit der angeblichen «russischen Regierungsanwältin» Natalija Veselnizkaja und dem Moskauer Militärspion a.D. Rinat Akhmetshin getroffen zu haben. Ausgerechnet im New Yorker Trump-Tower, dem Hauptquartier des Vaters. Mit ihm in gespannter Erwartung des von Veselnizkaja versprochenen «Schmutzes» über Hillary Clinton: Trumps damaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort und sein Berater-Schwiegersohn Jared Kushner. «Wenn das Material wirklich so gut ist», jubelte Donald Junior in einem bekannt gewordenen E-Mail, «werde ich es lieben!»
Das Weisse Haus ist ein Tollhaus
Das Treffen soll die Gastgeber bitter enttäuscht haben. Aber die Affäre gleicht immer mehr einer der in Russland so beliebten und ineinander gestapelten Matrjoschka-Puppen. Mit Trump Junior, Manafort und Kushner ist wohl eines der letzten Figürchen ans Licht gezogen worden. Jetzt warten alle gespannt auf den Kern der Matrjoschka: Donald Trump, 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Der habe von dem Treiben des Sohns und seiner Begleiter – natürlich! – nichts gewusst, vermeldet das Weisse Haus. Warum der Kandidat während eines Wahlkampfauftritts nur Stunden nach dem konspirativen Treffen «Neues über Hillary» ankündigte, erklären seine Sprecher ebenso wenig wie das halbseidene internationale Beziehungsgeflecht des Präsidenten und seines Teams. Aus dem Weissen Haus ist ein Tollhaus geworden.
20-Millionen-Dollar-Deal mit Oligarchen für Miss-Wahl
Es war das Jahr 2013, als der New Yorker Immobilienmogul und Reality-TV-Star Trump mal wieder einen «Mega-Deal» landete. Für 20 Millionen Dollar soll er dem russischen Immobilien-Oligarchen Aras Agalarow damals die Russlandlizenz für seinen Miss-Universe-Wettbewerb verkauft haben. Agalarow baut unter anderem Fussballstadien für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr und gilt als Vertrauter von Präsident Putin. Sein Sohn und Popsänger Emin Agalarow hingegen hat sich mit Hilfe des britischen Musikproduzenten Rob Goldstone auch international einen Namen gemacht. Es gibt Selfies von Goldstone zusammen mit den Agalarows und Donald Trump in Las Vegas und Miami Beach.
Der für sein schrilles Outfit und sein Übergewicht berüchtigte Brite lebt in New York. Peinlichkeiten geniesst er: «Im Hungerland Äthiopien», meldete er, «habe ich mir drei Kilo draufgefressen.» Warum dieser 57-jährige Paradiesvogel seit Jahren Stammgast des New Yorker «Russian Tea Room» ist, bleibt unbeantwortet wie die Frage, warum er sich dem Trump-Team im Juni 2016 plötzlich als Vermittler in einer Schmutzkampagne gegen Hillary Clinton andiente.
Verbindungen zu Foltertod eines Steueranwalts
Dieses Angebot will Goldstone von Natalija Veselnizkaja bekommen haben. Die hatte als Moskauer Immobilienanwältin den Trump-Partner und Putin-Freund Aras Agalarow kennengelernt. Dass der Kreml die Anwältin nicht kennen will, ist wenig überzeugend. Zu viele reiche Russen mit guten Beziehungen bis in die Staatsspitze gehören zu Veselnizkajas Kunden. Einer ihrer Klienten steht auf einer amerikanischen Embargoliste gegen Personen, die für den Foltertod des Steueranwalts Sergej Magnitski in einem russischen Untersuchungsgefängnis mitverantwortlich gemacht werden.
Es sei, behaupten Veselnizkaja und Akhmetshin, bei dem Treffen mit den Trump-Leuten allein um dieses sogenannte Magnitski-Gesetz gegangen. Wie Rob Goldstone in seinen E-Mails an Donald Junior auf Schmutzmaterial gegen Clinton kam, können sich die beiden nicht erklären.
Sonderermittler Mueller will Donald Junior vorladen
Dass jetzt der Senat in Washington und Sonderermittler Bob Mueller auch Donald Junior vorladen wollen, hat im Weissen Haus spürbare Panik ausgelöst. Präsident Trumps langjähriger Anwalt Marc Kasowitz zumindest hat bereits die Fassung verloren. Einen Rentner, der ihn per E-Mail zur Aufgabe seines Mandats aufgefordert hatte, bezeichnete Kasowitz in seiner bekannt gewordenen Antwort als «Schlampe» und «Stück Scheisse». Gefolgt von einer unmissverständlichen Drohung: «Ich weiss bereits, wo du wohnst. Ich habe dich im Blick. Du wirst mich sehen. Das verspreche ich, Bruder.»