Der Petarden-Politiker steht jetzt in der Küche
So schön ist sein Hausarrest

Faton Topalli (52) steht in Mutters Küche und schnetzelt Knoblauch. Das wird er in nächster Zeit öfters tun. Denn der schweizerisch-kosovarische Doppelbürger hat 30 Tage Hausarrest.
Publiziert: 11.12.2015 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:13 Uhr
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Küche statt Parlament: Im Hausarrest testet Faton Topalli (52) neue Rezepte.
Foto: Zvg
Von Guido Felder

Normalerweise werfen Politiker im Parlament mit Worten um sich. Nicht so Topalli. Vor zwei Monaten zündeten der Linkspolitiker und sein Parteikollege Albin Kurti im Parlament in Pristina Tränengaspetarden (BLICK berichtete). Am Dienstag wurde Topalli verhaftet und für einen Tag ins Gefängnis gesteckt. Nach dem Hausarrest folgt ein Gerichtsverfahren.

BLICK erreichte den Schaffhauser gestern in der Wohnung seiner Eltern in Ferizaj. Topalli gibt zu: «Ja, ich habe Petarden geworfen. Es waren Tränengaspetarden, welche die Polizei früher gegen friedliche Demonstranten verwendet hatte. Wir hatten jene eingesammelt, die nicht losgegangen waren.» Die Polizei ergriff Topalli, als er im Parlamentsgebäude einige Gesetzesentwürfe holen wollte. Sechs weitere Abgeordnete der linksnationalistischen Bewegung Vetëvendosje (Selbstbestimmung) sowie der beiden anderen Oppositionsparteien AAK und Nisma wurden ebenfalls festgenommen.

Sie hatten Regierungsmitglieder wiederholt mit Eiern, Wasserflaschen und Pfefferspray angegriffen. Die Sitzungen mussten jeweils abgebrochen werden. Der Protest richtete sich gegen eine Einigung der kosovarischen Regierung mit Serbien. Sie gesteht der serbischen Minderheit im Kosovo zusätzliche Rechte zu. So dürfen etwa die serbischen Gemeinden im Norden des Landes einen eigenen Kommunalverband gründen.

Topalli: «Unsere Regierung hat diesen Vertrag hinter dem Rücken des Parlaments unterzeichnet und lässt ihn von uns nicht ratifizieren.» Die Opposition strebt die völlige Unabhängigkeit des Kosovo sowie den Beitritt zu EU und Nato an.

Während des Hausarrests ist Topalli jegliche politische Betätigung untersagt. An der nächsten Parlamentssitzung am Montag fällt aber nicht nur er aus, sondern gleich sieben Mitglieder der Opposition – sie sitzen in Haft oder stehen unter Hausarrest.

Ein Polizist kontrolliert Topalli täglich. «Ich darf Besucher empfangen, telefonieren oder im Garten arbeiten», sagt Faton Topalli. Die Zeit bei seinen Eltern werde nicht langweilig: «Ich kann viel lesen, schreiben, Gitarre spielen und ab und zu ein Glas Wein trinken. Ausserdem koche ich gerne und will neue Rezepte ausprobieren.»

Und er plant neue Tumulte: «Wenn die Regierung nicht auf unsere demokratischen Forderungen eingeht, verhindern wir die Sitzung wieder – vielleicht wieder mit Tränengas.»

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