Charlotte Campbell ist verzweifelt. Ihre Tochter Olivia war am Konzert von Ariana Grande in Manchester, als es dort gestern Abend zum Selbstmordattentat kam. Kurz bevor die Show losging, telefonierte sie noch mit ihrer Tochter. «Sie hatte gerade den Support Act gesehen und sagte, sie habe eine super Zeit. Sie bedankte sich bei mir, dass sie gehen durfte», erzählt die Mutter gegenüber «BBC». Seither fehlt von der 15-Jährigen jede Spur. Auf Twitter sucht die Familie seit dem Attentat mit Hochdruck nach dem vermissten Mädchen.
Die Eltern von Georgina Callander (18) haben derweil inzwischen traurige Gewissheit. Auch nach dem Teenager wurde via Twitter gesucht, nachdem es Freunden und Familien nicht gelungen war, Kontakt mit der Vermissten aufzunehmen. Stunden später dann die bittere Nachricht: Das Mädchen sei gefunden worden, schrieben mehrere User als Reaktion auf die Vermisstmeldung auf Twitter. «Aber unglücklicherweise nicht lebend.» Laut Informationen der «Daily Mail» soll das Mädchen im Spital gestorben sein. Georgina war ein riesiger Ariana-Grande-Fan, erst vorgestern hatte sie auf Twitter noch geschrieben, wie sehr sie sich auf das Konzert freut.
Bei einem weiteren Opfer handelt es sich laut «Guardian» um die erst achtjährige Saffie Rose Roussos. Sie soll mit ihrer Mutter Lisa und Schwester Ashlee am Konzert gewesen sein. Die beiden wurden beim Anschlag verletzt und in verschiedenen Spitälern behandelt, seien aber ausser Lebensgefahr, schreiben Freunde auf Social Media. Nur Saffie war unauffindbar – erst später folgte mit der Bestätigung ihres Todes die traurige Gewissheit.
«Bitte lass uns wissen, dass du sicher bist»
Auch viele andere Familien und Freunde suchten und suchen teilweise noch immer via Twitter und Facebook nach ihren Liebsten. Im Verlauf der Nacht posteten sie unter dem Hashtag «#missinginmanchester» Fotos der Vermissten verbunden mit der Bitte um Hilfe bei der Suche.
Gleichzeitig laufen die Telefone bei der Polizei, den umliegenden Spitälern und Hotels heiss. Das Hotel Holiday Inn teilte mit, über 60 Kinder vorübergehend bei sich aufgenommen zu haben. Viele von ihnen haben offenbar ihr Handy im Chaos verloren. Deshalb – und weil das Netz zeitweise zusammengebrochen sein soll – haben viele Eltern bis heute keine Gewissheit darüber, ob ihr Kind noch lebt.
Auch das Schicksal von Lucy-Hannah Cross war lange ungewiss. «Bitte komm nach Hause und lass uns wissen, dass du sicher bist», schrieb ihre beste Freundin auf Twitter. Stunden später dann die grosse Erleichterung: Lucy sei in Sicherheit, man stehe mit ihr in Kontakt.
Mutter Campbell gibt die Hoffnung nicht auf
Es sind Nachrichten, die Charlotte Campbell dazu bringen, die Hoffnung noch lange nicht aufzugeben. «Ich bin zu Hause, rufe jeden an: Spitäler, Polizei, Zentren, in die die Kinder gebracht wurden. Ihr Vater sucht sie in Manchester. Ich habe Freunde, die sie suchen. Sogar Menschen, die sie gar nicht kennen, suchen nach ihr, schreiben mir, sie hätten sie fotografiert oder würden uns kontaktieren, wenn sie sie sehen.» Social Media habe sich dabei als unglaublich wertvoll erwiesen. «Tausende Menschen wissen, dass sie vermisst wird und suchen nach ihr. Ich kann diesen Leuten gar nicht genug danken.»
Während Twitter und Facebook in den Stunden der Ungewissheit für viele zum Rettungsanker wird, nutzen einige die Verzweiflung der Angehörigen aus, um mit gefälschten Vermisstmeldungen die Aufmerksamkeit der besorgten Community auf sich zu ziehen. So wurden bereits mehrere Aufrufe identifiziert, die offensichtlich Fake sind. Ein Verhalten, das viele User fassungslos macht. Und die Emotionen im Netz damit noch stärker hochkochen lässt. (lha)