Aus Barmherzigkeit oder gekauft? Anderthalb Jahre nach der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi (†59) haben dessen Söhne bekanntgegeben, dass sie den Mördern ihres Vaters verzeihen. Sohn Salah twitterte: «Wenn ein Mensch vergibt und sich versöhnt, bekommt er seinen Lohn von Allah. Darum verkünden wir, die Söhne des Märtyrers Jamal Khashoggi, dass wir diejenigen, die unseren Vater getötet haben, begnadigen.»
Die «Washington Post», für die Khashoggi gearbeitet hatte, hatte im April 2019 allerdings berichtet, dass die saudi-arabischen Behörden und die Nachkommen des Ermordeten eine finanzielle Vereinbarung getroffen hätten. So seien sie mit Häusern im Wert von mehreren Millionen Dollar beschenkt worden und erhielten monatlich Tausende von Dollar. Khashoggis Sohn Salah wies den Bericht zurück.
Wohl keine Todesstrafe
Die Vergebung hat für die in Saudi-Arabien angeklagten elf Verdächtigen nach islamischen Recht Konsequenzen: Die fünf Männer, die zum Tode verurteilt worden sind, werden wohl der Todesstrafe entgehen.
Khashoggis türkische Verlobte Hatice Cengiz (40) und Menschenrechtler reagierten mit scharfer Kritik, weil sie befürchten, dass die wahren Schuldigen straffrei ausgehen. Hatice Cengiz schrieb am Freitag auf Twitter, dieser abscheuliche Mord habe keine Verjährungsfrist. Niemand besitze das Recht, seinen Mördern zu vergeben.
Der Chef der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, twitterte, man könne sich nur ausmalen, welche «Kombination aus Bestechungen und Drohungen» die Söhne dazu gebracht habe, den brutalen Mördern ihres Vaters zu vergeben.
Regierungskritiker Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul (Türkei) von einem Killer-Kommando aus 15 saudi-arabischen Agenten ermordet worden. Seine Leiche wurde zerstückelt und bis heute nicht gefunden. Unter internationalem Druck gab Riad nach wochenlangen Dementis schliesslich zu, dass der Regierungskritiker «bei einem missglückten Einsatz zu seiner Festnahme» getötet worden sei. (gf)