Ihre Familie ist enttäuscht und fordert Entschädigung
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Verwöhnt und abgestürzt:Das kaputte Leben des irren Killers Steve P. (†22)

Der irre Killer Steve P. (†22) tötete in St. Gallen Giuliana R. (†46)
Ihre Familie ist enttäuscht und fordert Entschädigung

Am 2. September erschlug der psychisch gestörte Steve P.* (†22) in St. Gallen die Italienerin. Für den Anwalt der Familie hat der Schweizer Staat versagt. Er hätte Giuliana R.* (†46) besser schützen und den irren Täter früher wegsperren müssen.
Publiziert: 11.09.2020 um 18:16 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2020 um 19:31 Uhr
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Giuliana R.* (†46), Kindermädchen und dreifache Mutter wurde vom irren Killer Steve P.* (†22) im Blutrausch erschlagen.
Foto: Facebook
Myrte Müller und Marco Latzer

Sie wurde in ihrer Heimat am Montag als Heldin zu Grabe getragen. Für die Gemeinde von Palù bei Verona (I) und die Angehörigen ist klar: Giuliana R.* (†46) rettete am 2. September in St. Gallen drei Schweizer Kinder vor dem Tod. Dafür habe die gebürtige Süditalienerin eine Goldmedaille verdient, sagt Francesco Verri. Der Anwalt der Familie habe die tapfere Kinderbetreuerin bereits dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella (79) und Premier Giuseppe Conte (56) zur Auszeichnung für ihren Verdienst vorgeschlagen.

Der Jurist aus dem kalabrischen Crotone fordert ausserdem eine Entschädigung vom Bund und vom Kanton St. Gallen. Zudem seien die Kinder des Opfers enttäuscht vom Schweizer Staat. Niemand habe sie kontaktiert, ihnen das Beileid ausgesprochen. «Vom Tod ihrer Mutter erfuhren sie aus der Presse», sagt der Anwalt gegenüber BLICK.

Giuliana habe ihr Leben für die Kinder geopfert

Gemäss der Familie lief die Tragödie an jenem Mittag in der Speicherstrasse folgendermassen ab: Giuliana R. brachte einen ihrer Schützlinge nach Hause. Da merkte sie, dass ein junger Mann sie verfolgte. Am Haus angekommen, habe sie schnell das Kind zum Geschwisterchen in die Wohnung geschoben. Zu diesem Zeitpunkt sei auch ein Nachbarbub in der Wohnung gewesen. Giuliana habe sich wagemutig zwischen den Verfolger und die Kinder gestellt. Der irre Angreifer habe sich eine Bratpfanne gegriffen und auf die tapfere Kinderbetreuerin eingeschlagen.

Bestätigt von der Polizei ist: Steve P.* (†22) erschlägt die Kinderbetreuerin, lässt selbst dann nicht von ihr ab, als die Beamten eintreffen. Diese ziehen eine Schusswaffe und erschiessen den jungen Schweizer. Das Opfer stirbt Stunden später im Spital an den Folgen seiner Verletzungen. Wäre diese Wahnsinnstat zu verhindern gewesen?

Anwalt Francesco Verri ist davon überzeugt: «Der Mann war aktenkundig, psychisch krank und Drogenkonsument. Er hätte nicht frei herumlaufen dürfen. Für seine Tat tragen die Schweizer Behörden und auch seine Familie eine Mitschuld.»

Steve P. war regelmässig in psychiatrischen Kliniken

Steve P. ist jedoch nie wirklich durch Gewalttätigkeit aufgefallen. Der Sohn vermögender Eltern bekam 5000 Franken Taschengeld im Monat. Davon kaufte er sich Alkohol, Kokain, Amphetamine und Ecstasy (BLICK berichtete). Einmal habe ihn die Stadtpolizei St. Gallen beim St. Galler Hauptbahnhof auflesen müssen – er stand unter Drogen und war zu dem Zeitpunkt splitternackt, berichtet sein Freund Pascal D.* im BLICK.

Steve P. produzierte Dutzende Rap-Songs – «einmal äusserte er sich wie ein Nazi, einmal war er der Antirassist – ich glaube, er war ständig auf der Suche nach einer Identität», glaubt sein Schulfreund D. In den letzten zwei, drei Jahren war Steve P. dann regelmässig in der psychiatrischen Klinik in Wil SG. D. sagt: «Er war schizophren.» Wenige Stunden vor dem Blutbad schrieb der Schweizer noch wirre Zeilen an einen anderen Freund: «Bro, poste Black Lives Matter, bitte bitte Alter, die machen uns alle kaputt.» Begann bereits zu diesem Zeitpunkt sein Wahn?

Im fernen Italien beweinen die Angehörigen Giuliana R. – nicht nur, weil sie einen lieben Menschen verloren. Die Italienerin ernährte mit ihrem kargen Schweizer Gehalt Kinder und Ehemann, die durch die Wirtschaftskrise in Italien ohne Arbeit sind. «Für Giulianas Heldentat sollte sich die Schweiz ihren Angehörigen gegenüber erkenntlich zeigen. Schliesslich hat der Staat die Pflicht, seine Bürger zu schützen», sagt Anwalt Francesco Verri.

*Namen geändert

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