Der dritte Piks soll helfen
Warum explodieren die Fallzahlen bei den Impfturbos Israel und Island?

In Israel und Island explodieren die Fallzahlen. Obwohl beide Länder zu den Impfturbos gehören. Warum ist das so? Blick zeigt mögliche Gründe auf.
Publiziert: 11.08.2021 um 11:03 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2021 um 12:32 Uhr
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Die unbeschwerten Zeiten in Israel sind vorbei. Seit Wochen steigen die Corona-Zahlen stark. Abgeschaffte Massnahmen wurden wieder eingeführt.
Foto: Getty Images

Island ist Impf-Europameister. 96 Prozent der Frauen und 90 Prozent der Männer über 16 Jahre haben mindestens eine Corona-Impfung erhalten. 75 Prozent der 300'000 Einwohner sind bereits doppelt geimpft. Trotzdem steigen die Fallzahlen seit Mitte Juli rasant an. Gab es das ganze Jahr über nie mehr als maximal 45 Fälle pro Tag, sind es seit gut zwei Wochen deutlich über 100.

Die Regierung reagierte und verfügte Einschränkungen, die eigentlich längst der Vergangenheit angehörten. Es gilt wieder eine Abstandspflicht von einem Meter und Maskenpflicht in Innenräumen. Restaurants müssen Zutrittsbeschränkungen einführen, Bars früher schliessen. Veranstaltungen sind auf 200 Personen beschränkt.

Keine Herdenimmunität

Experten zeigen sich enttäuscht über die Impf-Wirkung. Chefepidemiologe Thorolfur Gudnason sagte an einer Pressekonferenz, es sei nicht gelungen, Herdenimmunität zu erreichen. Als Grund für den Anstieg nannte er das Nachtleben in der Hauptstadt Reykjavik und Einreisen nach Island. Seit Anfang Juli verzichtete man darauf, unter anderem wegen Personalmangel, Geimpfte an der Grenze zu testen. Viele Fälle seien deshalb während längerer Zeit unentdeckt geblieben.

Mittlerweile machen die Geimpften die Mehrheit der Fälle aus. Ab nächster Woche muss darum jeder Isländer, der in die Heimat zurückkehrt, innerhalb von 48 Stunden einen Corona-Test machen.

Israel: Grösster Anstieg seit sechs Monaten

Israel verschärft Maskenpflicht
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Steigende Zahlen trotz Impfung:Israel verschärft Maskenpflicht

Ähnlich präsentiert sich die Situation in Israel. Am Dienstag wurden erstmals seit einem halben Jahr mehr als 6000 Coronainfektionen verzeichnet. Gleichzeitig nähert sich die Zahl der schwerkranken Patienten der 400er-Marke. Dies, obwohl gut 58 Prozent der Israeli vollständig geimpft sind.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen gelten seit Sonntag wieder verschärfte Massnahmen, darunter eine Maskenpflicht bei Events im Freien mit mehr als 100 Teilnehmern. Selbst Veranstaltungen mit weniger als 100 Teilnehmern dürfen nur noch Geimpfte, Genesene oder Menschen mit negativem Corona-Testergebnis besuchen. Auch Kinder müssen zudem nun beim Eintritt ein negatives Corona-Testergebnis vorzeigen. Vertreter des Gesundheitsministeriums schliessen weitere Verschärfungen nicht aus.

Auch in Israel wurden vor den Anstiegen die Massnahmen gelockert. Bereits im Juni fielen die Masken, zahlreiche Restriktionen wurden aufgehoben. Nun wurden die Zügel wieder angezogen und Restriktionen wieder eingeführt. Darunter eine Maskenpflicht bei Events im Freien mit mehr als 100 Teilnehmern, Zertifikatspflicht für diverse Orte und Veranstaltungen, Corona-Tests bei Kindern. Israels Verteidigungsminister Benny Gantz schwor die Bürger zudem auf einen Lockdown im September ein, sollten die Zahlen nicht rückläufig sein.

Wie viel nützt der dritte Piks?

In beiden Ländern ist die Delta-Variante für die Anstiege verantwortlich. Nach Angaben der israelischen Regierung verhindert die Impfung eine Corona-Infektion nur noch zu 39 Prozent und schwere Erkrankungen zu 91 Prozent. Laut isländischen Angaben schützt die Impfung zu 60 Prozent gegen Delta und verhindert schwere Erkrankungen in 90 Prozent der Fälle.

Israel ist das erste Land, das der Bevölkerung eine dritte Impfdosis – für Menschen über 60 Jahre – verabreichte. Auch in Island soll die Bevölkerung bald zum dritten Mal geimpft werden, fordern Experten. Wie effektiv dieser Booster-Piks gegen Delta wirkt, ist noch nicht klar. (vof)

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