Der Anti-Trump
Stoppt Alain Juppé den Front National?

Am Sonntag bestimmen die französischen Republikaner in den Vorwahlen ihren Kandidaten für nächstes Jahr. Ausgerechnet Karrierepolitiker Alain Juppé (71) ist auch in Zeiten des Trump-Effekts noch immer der Favorit.
Publiziert: 19.11.2016 um 13:05 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:40 Uhr
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Noch ist er nur der Umfrage-Favorit: Wird Alain Juppé Kandidat und dann Präsident?
Foto: imago
Thomas Ley

Noch in der verrückten amerikanischen Wahlnacht wandten die ersten ihren Blick zurück in die Alte Welt, nach Paris. Denn wenn die sensationelle Wahl von Donald Trump einem grossen Trend folgt, droht im Mai 2017 das nächste politische Erdbeben – wenn Frankreich seinen neuen Präsidenten wählt.

Wer verhindert die Trump-Sensation von Europa?

François Hollande ist erledigt, da sind sich alle einig. Der amtierende Präsident ist bei seinen Landsleuten derart unbeliebt, dass er bei Wahlen gerade noch zwischen fünf und zehn Prozent erreichen würde. Alle erwarten, dass er sich diese Schmach nicht mehr antut. Wirklich interessieren wird alle, wie Marine Le Pen, Chefin des rechtsextremen Front National, abschneiden wird. Sie kann damit rechnen, im ersten Wahlgang am 23. April das beste Resultat zu machen. Wer kann sie dann noch stoppen, am 7. Mai die absolute Mehrheit zu holen? Wer verhindert die Trump-Sensation von Europa?

Der eigenartige Hoffnungsträger

Alain Juppé. Der 71-jährige Konservative, einst als Langweiler verspottet, sogar schon einmal wegen illegaler Parteienfinanzierung mit Gefängnis auf Bewährung bestraft, ist ein eigenartiger Hoffnungsträger. Die Basis seiner Partei, die neu gegründete Partei der Republikaner, steht mehrheitlich hinter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. Besonders beliebt war Juppé in seinen 40 Jahren aktiver Politik ohnehin selten. Trotzdem wurde er in den letzten zwei Jahren so etwas wie der personifizierte konservativ-zentristisch-linke Schnittpunkt. Er führt seit 2015 praktisch jede Umfrage an. Er ist der Bürgerliche, der die besten Chancen hat, den rechtsextremen Durchmarsch aufzuhalten.

Zentristen und Linke bauen auf Juppé

Juppé weiss, dass er vor allem Projektionsfläche ist. Konservative sehen in ihm die Erfüllung ihrer Träume von Rentenreform und Wirtschaftsliberalisierung. Zentristen bauen auf Juppé, den Versöhner und Bildungspolitiker. Und Linke setzen auf Juppé, um Sarkozy die Rückkehr an die Macht zu verbauen. Und aus Angst vor Marine Le Pen.

Morgen ist die erste Runde in den Vorwahlen der Republikaner. Jeder Franzose, der zwei Euro zahlt und eine Deklaration konservativer Werte unterschreibt, darf mitwählen. Juppé wird linke und zentristische Fremdwähler brauchen. Es wird eng. Denn was gelten schon Umfragen – in der Woche zwei nach dem Trump-Schock?

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