Am Donnerstagabend sind die Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich hochgradig eskaliert. Es kam zu 457 Festnahmen, 440 Sicherheitskräfte wurden verletzt und etwa 900 Feuer allein in Paris wurden entfacht.
Der Europarat zeigte sich angesichts der teils gewaltsamen Zusammenstösse zwischen Polizei und Demonstranten alarmiert. Meinungs- und Versammlungsfreiheit müssten gegen alle Formen von Gewalt geschützt werden, sagte die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovi (58), am Freitag in Strassburg.
Die Behörden müssten friedliche Demonstranten und Journalisten, die über den Protest berichten, vor Gewalt durch Polizisten oder andere Menschen schützen, hiess es. Der Europarat mit Sitz im französischen Strassburg ist für den Schutz der Menschenrechte zuständig. Er ist kein Organ der Europäischen Union.
Es sei zwar auch zu gewalttätigen Handlungen der Demonstranten gegenüber der Polizei gekommen, stellte Mijatovi fest. «Aber sporadische Gewalttaten einiger Demonstranten oder andere verwerfliche Handlungen anderer während einer Demonstration können die exzessive Anwendung von Gewalt durch staatliche Stellen nicht rechtfertigen.»
Zuvor verliefen Proteste wochenlang friedlich
Die Proteste richten sich gegen die inzwischen verabschiedete schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre und das Vorgehen der Mitte-Regierung unter Präsident Macron.
Die Streik- und Protesttage verliefen wochenlang überwiegend friedlich. Doch seit die Regierung die umstrittene Reform vergangene Woche ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung gedrückt hat, kommt es zu immer mehr Gewalt - vor allem bei spontanen Protesten. Demonstranten warfen ihrerseits der Polizei Gewalt vor.
«Es kann sein, dass die Polizei und die Gendarmen einzeln, oft unter dem Einfluss von Müdigkeit, Handlungen begehen, die nicht mit dem übereinstimmen, was ihnen in der Ausbildung und mit Blick auf die Berufsethik beigebracht wurde», räumte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin (40) am Freitag ein. (SDA)