Daten-Spezialistin Brittany Kaiser verhalf der Kampagne mit Fake News zum Erfolg. Heute schämt sie sich dafür
«Hätte ich doch vor dem Brexit alles aufgedeckt!»

Whistleblowerin Brittany Kaiser kämpft heute gegen die illegale Nutzung von Daten, wie sie ihre Ex-Arbeitgeberin Cambridge Analytica so erfolgreich betrieben hatte.
Publiziert: 29.01.2020 um 15:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2020 um 10:19 Uhr
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Vor zwei Jahren hat Brittany Kaiser in der Netflix-Doku «The Great Hack» über den vielleicht grössten Datenmissbrauch der Geschichte ausgepackt.
Foto: Thomas Meier
Fabienne Kinzelmann

Wenn Grossbritannien diese Woche aus der EU austritt, trägt Brittany Kaiser (32) eine Mitschuld. Sie arbeitete für die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica, die auch der «Leave»-Kampagne der Brexit-Befürworter um Boris Johnson (55) zum Erfolg verholfen haben soll.

Mit Hilfe ersschlichener Datensätze erstellten Kaisers Kollegen psychologische Profile von 87 Millionen Facebook-Nutzern und schürten bei den Ängstlichen noch mehr Ängste, bei den Besorgten noch mehr Sorgen: vor der EU, vor Migranten und vor Gesetzen. Mit der Wahrheit nahm es Cambridge Analytica dabei nicht so genau.

Die Whistleblowerin schämt sich

«Ich kam als riesige Idealistin zu Cambridge Analytica», sagt Kaiser, die bei der Datenanalyse-Firma in der Geschäftsentwicklung mitarbeite. Heute schämt sie sich dafür, indirekt am Erfolg bestimmter Wahlen und Abstimmungen mitgearbeitet zu haben. Auch bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 hatte Cambridge Analytica die Finger im Spiel.

«Ich bereue es, dass ich das nicht alles schon vor dem Brexit aufgedeckt habe», sagt die Texanerin, die BLICK im Rahmen des Worldwebforums Mitte Januar in Zürich traf. Erst einen Monat nach Trumps Wahl habe sie realisiert, wie skrupellos die Firma vorging. «Meine Kollegen, die während der Kampagne an den zielgerichteten Videos gearbeitet hatten, gaben uns eine lange Präsentation darüber, was sie genau gemacht hatten.»

Wegen Kaiser musste Zuckerberg vor den US-Kongress

Kaiser hat in Schottland studiert, für Amnesty International und das Wahlteam von Barack Obama (58) gearbeitet. Da seien Daten beispielsweise genutzt worden, um Erstwähler an die Urne zu bekommen. «Für mich waren Daten immer etwas Gutes. Bei Cambridge Analytica habe ich dann gelernt, dass sie leicht missbraucht werden können. Und dass die Folgen verheerend sind.»

Vor zwei Jahren hat Kaiser erstmals ausgepackt. Sie hat in der Netflix-Doku «The Great Hack» über den vielleicht grössten Datenmissbrauch der Geschichte mitgewirkt und ein Buch geschrieben. Facebook-Chef Mark Zuckerberg musste sich wegen ihren Enthüllungen vor dem US-Kongress für den Missbrauch von 87 Millionen Nutzerdaten rechtfertigen.

Signalroter Lippenstift – und eine Botschaft an den Facebook-Chef

Heute ist Kaiser eine gefragte Datenschutzaktivistin und Rednerin. «Ich habe als Whistleblowerin eine Verantwortung. Und es muss noch eine Menge passieren: Gesetze und Regulierungen zum Beispiel.» Um ihren Hals baumelt eine dicke Metallkette mit dem Namen ihrer Initiative: «Own Your Data» (Besitze deine Daten).

Alles an Kaisers Äusserem ist ein Statement. «Ich will mich nicht verstecken – auch wenn ich mich mit ein paar der mächtigsten Männer der Welt angelegt habe.» Für den Fototermin mit BLICK zieht sie den signalroten Lippenstift nach. Auf ihren samtenen Loafer prangen glitzernde Totenköpfe. Was es damit auf sich hat?

Kaiser lacht. Ein lautes, kehliges Lachen. Dann zieht sie die Schuhe aus und hält die Unterseite in die Kamera. «Ich denke immer an Mark Zuckerberg, wenn ich sie trage.» Auf den Sohlen steht: «Fuck you.»

Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

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