Das Volk fragt Putin
Ukraine-Krieg, Wirtschafts-Krise, Hunde-Kauf

2,5 Millionen Fragen gehen in der TV-Show an den Präsidenten ein. Einige sind fast so absurd wie die Antworten von Wladimir Putin.
Publiziert: 16.04.2015 um 17:15 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:24 Uhr

«Stellen Sie eine Frage an den Präsidenten!» Unter diesem Motto fand in Russland heute die alljährlich ausgestrahlte Sendung «Direkter Draht» statt – eine Propaganda-Veranstaltung von beeindruckendem Ausmass. Per Telefon, SMS, in Videobotschaften und direkt im Studio konnten Russen ihrem Staatsoberhaupt heute jede erdenkliche Frage stellen. Knapp 2,5 Millionen Anfragen gingen bis zum Beginn der Sendung heute Morgen ein. Je drei Fernsehsender und Radiostationen übertrugen die Sprechstunde, die sich dieses Jahr über vier Stunden hinzog.

Zwei Tage lang soll sich Putin auf die Sendung vorbereitet haben – was nicht unbemerkt blieb. Der Kreml-Chef beantwortete die 60 Fragen, die es ins Studio schafften, souverän – meist ohne viele Emotionen, dafür mit viel eigener Deutung. 

Eine Journalistin bemerkte, dass er vor zweieinhalb Jahren gesagt habe, dass es zweieinhalb Jahre dauern werde, bis sich die Wirtschaft erholt habe. Gedenke er diese Antwort denn nun zu korrigieren? Putins eigentümliche Antwort: Die Erholung der Wirtschaft werde «noch schneller» gehen – «etwa zwei Jahre».

Nebst vielen Fragen zur wirtschaftlichen Situation des Landes bewegte die Bürger aber auch dieses Jahr die Ukrainekrise. Ob es zu einem Krieg gegen das Nachbarland kommen werde, fragte eine Frau. «Das ist unmöglich!», antwortete Putin. Es würden keine «imperialen Ambitionen» bestehen, beteuerte er. «Die Ukraine ist nicht unsere Angelegenheit», sagte Putin. Und hatte er an der gleichen Veranstaltung vor einem Jahr noch zugegeben, dass es sich bei den «grünen Männchen» auf der Krim um russische Truppen handelte, stritt er heute weiterhin konsequent ab, dass Russland auch im Donbass aktiv ist. Stattdessen redete er die vom Westen verhängten Sanktionen schön: Sie würden eine Chance, keine Last für Russland darstellen, so die Position Putins.

Vorgefertigte Propaganda-Antworten, die viele russische Journalisten ermüdeten – offensichtlich auch im wörtlichen Sinn. Via Twitter verbreiteten sie ein Bild, das den Chefredaktor des kremlkritischen Radios «Ekho Moskvy» zeigen soll. Dabei sieht es so aus, als würde Alekej Wenediktow schlafen.

Doch nicht nur Fragen zu Wirtschaft, Politik und Sozialwesen beantwortete Putin seinen Bürgern. Auch seine Rolle als persönlicher Lebensberater nahm Wladimir Wladimirowitsch ernst. So beklagte sich eine Frau darüber, dass ihr Freund nicht will, dass sie sich auf den 40. Geburtstag einen Hund kauft. Ob Putin ihn denn überzeugen könnte? Darauf liess sich Putin zwar nicht ein, doch meinte er diplomatisch, dies würde die Familie «bestimmt stärken».

Ein kleiner Junge aus dem Nordkaukasus fragte Putin ausserdem, wie viele Stunden er pro Nacht schlafe, er wolle nämlich auch einmal Präsident werden. Putins Antwort: Präsident zu werden sei schwer. Aber «du schaffst es, wenn du es wirklich willst». Es sei wichtig, gesund zu sein, und dafür müsse man «gut schlafen».

Gegen Ende der Sendung gab der mächtigste Russe dann gar eine kleine Geschichte aus seiner Anekdoten-Sammlung zum Besten. Vor ein paar Jahren sei er mit dem deutschen Ex-Bundeskanzler und guten Freund Gerhard Schröder in der Sauna auf seinem Anwesen gewesen, als diese plötzlich zu brennen begonnen habe. Schröder habe darauf bestanden, erst sein Bier auszutrinken. «Ich sagte: ‹Du bist verrückt! Die Hütte brennt!›», erzählte Putin sichtlich amüsiert.

Amüsant auch eine weitere Frage: «Lieber Wladimir Wladimirowitsch. Wollen Sie sich klonen lassen?» Schliesslich gebe es keinen anderen Politiker auf seinem Level. Putins bescheidene Antwort: «Nein.» (lha)

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