Das Massaker bei «Charlie Hebdo»
«Ich sah überall Blut, die Hälfte der Redaktion lag am Boden»

Laurent Léger musste mitansehen, wie seine Redaktionskollegen tot zusammenbrachen. Der Journalist von «Charlie Hebdo» erzählt vom Morgen des Massakers.
Publiziert: 09.01.2015 um 19:23 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:31 Uhr
«Ich dachte, alle wären tot»
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Massaker bei «Charlie Hebdo»:«Ich dachte, alle wären tot»

Eigentlich war es ein Tag wie jeder andere. Laurent Léger, Journalist bei «Charlie Hebdo», sass am Morgen in der Redaktionssitzung - so wie jeden Mittwoch.

Dann knallte es mehrmals.

«Es war am Ende der Sitzung», sagt Léger zu «France Info». «Es hörte sich an wie Feuerwerkskörper, niemand wusste, was es war», so der Journalist. «Dann öffnete sich die Tür. Ein Mann stürmte ins Zimmer und schrie ‹Allahu akbar›.»

Er habe ausgesehen wie von einem Sonderkommando. «In seinen Händen hielt er eine Waffe und schoss, es roch nach Schiesspulver», sagt Léger.

«Ich realisierte, dass alles wirklich war»

«Ich sah überall Blut, die Hälfte der Redaktion lag am Boden. Noch immer frage ich mich, wie ich entkommen konnte.» Wieder habe er die Worte ‹Allah ist gross› gehört.

«Zwei Redaktionsmitarbeiter brachen über dem Sitzungstisch zusammen. Ich realisierte, dass alles wirklich war», so Léger.

«Bei ‹Charlie Hebdo› arbeiten viele Witzbolde. Es hätte gut sein können, dass jemand einen Streich spielt. Aber so war es nicht. Es war Barbarei, die Einzug in die Redaktion hielt.»

Gerüchte, wonach die Terroristen ihre Opfer gezielt auswählten, kann Léger nicht bestätigten. «Sie haben kurz Charbs Namen genannt. Wahrscheinlich haben sie ihn gesucht. Dann ging aber alles ganz schnell. Sie feuerten in die Menge.»

Chefredaktor Stéphane Charbonnier (Charb) und sieben weitere Redaktionsmitglieder von «Charlie Hebdo» starben im Kugelhagel. Unter den Opfern ist auch ein Gast, der an der Redaktionssitzung teilnahm.

Sie gingen, wie sie kamen

«Dann wars plötzlich still», sagt Léger. «Eine lange Stille.»

Das Massaker dauerte nur etwa zehn Minuten. Die Terror-Brüder verliessen das Gebäude auf gleichem Weg, wie sie reinkamen. Durch den Haupteingang.

Dort töteten sie gegen 11.20 Uhr als erstes den Pförtner. Im Gebäude begegneten sie der Karikaturistin Coco. Sie zwangen die Frau, den Zutritts-Code einzutippen, der die gepanzerte Tür öffnete. Die Tür zur Redaktion, wo Laurent Léger und seine Kollegen gerade Sitzung hatten. (mad)

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