Das Leiden der Angehörigen der Germanwings-Opfer
«Ein Teil von mir ist in diesem Flugzeug gestorben»

Knapp ein halbes Jahr nachdem Amok-Pilot Andreas Lubitz (†27) eine Maschine der Germanwings zum Absturz brachte, sind die Hinterbliebenen der Opfer noch immer tief verzweifelt. Drei Betroffene erzählen nun ihre Geschichten.
Publiziert: 17.10.2015 um 20:07 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 00:55 Uhr
Blumen und Kerzen erinnern in Le Vernet an die Opfer der Flugkatastrophe.
Foto: KEYSTONE/EPA/ARNOLD JEROCKI

Am 24. März 2015 sperrte sich Co-Pilot Andreas Lubitz (†27) ins Cockpit von Flug 4U9525 der Germanwings ein und liess den Airbus A320 auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen abstürzen – der Autopilot war auf die Minimalhöhe 100 Fuss eingestellt. Alle 150 Menschen an Bord starben.

Für die Hinterbliebenen der Opfer ein Alptraum. Bis heute leiden sie unter den Geschehnissen von damals. Steffen S. (†16) ist eines der Germanwings-Opfer. Er war leidenschaftlicher Fan von Schalke 04.

Bevor er als Zehntklässler zu einem Austauschprogramm nach Barcelona fliegen sollte, hatte der Schüler plötzlich Bedenken. Er würde ein Spiel seines Lieblings-Vereins verpassen, vielleicht wäre es besser, wenn er zu Hause bleiben würde, sagte er zu seiner Mutter Dagmar S.

«Ich freue mich darauf, euch wiederzusehen»

«Ich habe zu ihm gesagt, dass er wegen eines dämlichen Fussballspiels nicht zu Hause bleiben wird – dämlich, das habe ich wirklich gesagt», sagt die Mutter gegenüber der New York Times.

Kurz vor dem Start schrieb er eine SMS: «Wir sind im Flugzeug. Ich freue mich schon, euch bald wiederzusehen.» Doch dazu kommt es nicht mehr.

Seit dem Tod ihres Sohnes kann Dagmar S. nicht mehr schlafen, den Tag übersteht sie nur noch mit Medikamenten.

Auch Henrik D. (19) hat an dem Tag einen geliebten Menschen verloren: Seine Schwester Lea (†16). «Ein Teil von mir ist in diesem Flugzeug gestorben», sagte er. Noch heute hört er sich Aufnahmen von ihr an, auf denen sie singt. Es ist die letzte Verbindung zu seiner Schwester.

Entschädigungs-Angebot abgelehnt

Unter den Opfern war auch Lehrerin Sonja C. († 35), die den Schüleraustausch organisiert hatte. Ihr Ehemann Oliver (41) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Fluggesellschaft: «Ich habe das Gefühl, sie weigern sich anzuerkennen, dass einer ihrer Angestellten das ganz bewusst gemacht hat.»

Als besonders störend empfinden die meisten Hinterbliebenen das Entschädigungs-Angebot der Lufthansa Group, zu der auch die Swiss gehört. Sie schreiben in einem Wut-Brief an Airline-Chef Carsten Spohr: «Das Leben eines jeden unserer Kinder und unseren Schmerz mit fünfundvierzig Tausend Euro zu bemessen, beleidigt uns und vor allem unsere Kinder zutiefst. Das ist der Betrag, den Sie persönlich jede Arbeitswoche von der Lufthansa als Gehalt bekommen.»

In einer Stellungnahme verweist die Lufthansa wenig einfühlsam darauf, dass Spohr im letzten Jahr nur 2,07 Millionen Euro verdient habe, was ein Salär von 39'807 Euro pro Woche ergibt (Blick.ch berichtete). (imk)

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